Fluor-Recycling für Lithium-Ionen-Akkus

Lithium-Ionen-Akkus enthalten Fluor-reiche Salze, die an feuchter Luft zu giftigem, stark ätzendem Fluor­wasserstoff zerfallen. Die Gefährlichkeit von Fluor­wasserstoff erschwert und verteuert das Recycling. An der Empa startet nun ein Forschungs­projekt «Fluoribat», um dieses Problem zu lösen. So könnte der Lebens­zyklus eines Akkus preisgünstiger ablaufen und zugleich sicherer werden.

Stichflamme bei der Explosion eines Lithium-Ionen-Akkus (Typ 18650). Lithium-Ionen-Akkus auf Wasserbasis wären ungefährlicher in der Handhabung und zugleich leichter zu rezyklieren.

Die Menge an Batterien, die uns umgibt, wird rasch zunehmen. Die «Global Battery Alliance» des «World Economic Forum» (WEF) rechnet mit einer Verzehnfachung der Antriebs- und Speicherbatterien innerhalb der nächsten zehn Jahre. Dabei werden Lithium-Ionen-Akkus den grössten Anteil ausmachen.

Segen und Fluch zugleich
Aufgrund der enormen Menge an Batterien, die in den kommenden Jahren gefertigt und rezykliert werden müssen, gerät ein chemisches Element in den Fokus, über das bislang nur selten diskutiert wurde: Fluor. Es steckt – in kleinen Mengen – in allen Lithium-Ionen-Akkus. Die Elektrolyt­flüssigkeit eines solchen Akkus enthält Hexa­fluorophosphat Anionen PF6- – eine Fluor-Verbindung, die für die Langzeit­stabilität der Batterie sorgt und hohe Zellspannungen ermöglicht. Der Nachteil: PF6- zerfällt im Kontakt mit Wasser oder an feuchter Luft zu giftigem, stark ätzendem Fluor­wasserstoff HF. Während die Batterie in Betrieb ist, muss sie also in einer vollkommen dichten, luftundurch­lässigen Hülle stecken, sonst emittiert sie giftige Fluor-Verbindungen. Spätestens beim Recycling wird jedoch die luftdichte Hülle aufgeschlitzt. Der nun entstehende Fluor­wasserstoff macht das Reycling kompliziert und teuer.

Die Empa beginnt im Sommer 2020 mit dem Forschungs­projekt namens «Fluoribat», um diesem Problem entgegenzutreten. Das Forschungsteam von Corsin Battaglia, Leiter der Abteilung «Materials for Energy Conversion», hat einen neuen, nicht-brennbaren Wasser-basierten Elektrolyten für Lithium-Ionen-Batterien entwickelt, der mit bereits heute gebräuchlichen Elektrodenmaterialien in diesen Akkus kompatibel ist. «Unsere Zellen weisen nach 200 Lade- und Entlade­zyklen noch mehr als 80 Prozent der Anfangskapazität auf», sagt Maximilian Becker, Batterieforscher in der Abteilung von Corsin Battaglia.

Das gegenüber Wasser stabile Lithiumsalz, das in den experimentellen Batterie­zellen der Empa verwendet wird, könnte im Grossmassstab zu konkurrenz­fähigen Preisen hergestellt werden. Für eine erfolgreiche Kommerzialisierung muss die Langzeit­stabilität weiter verbessert werden. Doch wenn sich diese Hürde überwinden lässt, könnte eine solche Batterie wesentlich kostengünstiger produziert und am Ende ihres Lebens rezykliert werden – eine absolut trockene Umgebung ist für beide Arbeitsschritte dann nicht mehr notwendig.

Auf dem Weg zur Kreislaufwirtschaft
Wasser-basiertes Recycling von alten Lithium-Ionen-Akkus eröffnet zugleich neue Chancen für eine Kreislauf­wirtschaft. Wenn die Elektrolyt-Salze aus Batterien auf einfache Weise wieder­gewonnen werden können, kann das darin enthaltene Fluor für neue Batterien verwendet werden – ein zunehmend wichtiger Aspekt bei der zu erwartenden Menge an Akkus. Die Empa-Abteilung «Technologie und Gesellschaft», unter Leitung von Patrick Wäger, ist spezialisiert auf das Recycling von Batterien und die Berechnung der Umwelt­auswirkungen neuer technologischer Anwendungen entlang ihres Lebenszyklus. Die Analyse soll zeigen, welche Vorteile Batterien haben, die auf wasser­un­empfindlichen Fluor-Salzen basieren. In der Studie soll diese neue Generation von Akkus hinsichtlich Sicherheit und Umwelt mit Akkus der heutigen Generation verglichen werden.

Batterieforschung in europäischem Rahmen
Die Empa ist Partner im Europäischen Projekt Battery2030+, dass die Batterie­forschungs­aktivitäten auf europäischer Ebene koordinieren wird. Ein wichtiges Ziel dieser Aktivitäten ist die Nachhaltigkeit von Batterien zu verbessern. Dazu ist es wichtig, nicht nur Metalle wie Kobalt, Nickel, Kupfer, Aluminium und Lithium möglichst im Kreislauf zu führen. Auch potenziell giftige Elemente wie Fluor müssen Teil von Nachhaltig­keits­betrachtungen sein: Sie gilt es in sicheren, kontrollierten Bahnen zu halten.

empa.ch

Maximilian Becker forscht an der Empa an wasserlöslichen Elektrolyten für Lithium-Ionen-Akkus.

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