Eleganter Schwung über den Neckar
Ingenieurbauwerke an Verkehrswegen überwinden Hindernisse, häufig harmonisch eingebunden in den Landschafts-oder Siedlungsraum durch eine entsprechende architektonische Gestaltung. Mit modernen Bau-weisen lassen sich unterschiedlichste Tragwerksformen realisieren – im geplanten Zeitrahmen und insbesondere unter Beachtung von Wirtschaft-lichkeit, Sicherheit und Dauerhaftigkeit.
Die elegante Brückenkonstruktion der neuen Neckarbrücke bei Benningen stammt aus der Feder des renommierten Stuttgarter Tragwerksplaners Leonhardt, Andrä und Partner. Die 195 m lange Brücke bildet in Verbindung mit einer 107 m langen Stützwand die Grundlage für die neue, 1,2 km lange Ortsumfah-rung der L 1138 zwischen Freiberg und Marbach. Ab 2022 dient diese der Verkehrsentlastung des Benninger Ortskerns und ermöglicht zudem wieder die Nutzung für den Schwerverkehr, dem die alte Neckarbrücke nicht mehr gewachsen war. Bauherr ist das Land Baden-Württemberg, vertreten durch das Regierungspräsidium Stuttgart.

Beschwingte Herausforderung
Die neue Neckarbrücke ist als Stahlver-bundkonstruktion mit Hohlkasten ge-plant und ausgeführt. Der Stahlgurt geht übergangslos und monolithisch verbun-den in die V-förmigen Flusspfeiler über. Die Ausführung als gevoutete Rahmen-brücke passt sich harmonisch an die von Weinbauhängen geprägte Landschaft an und ermöglicht zudem eine schlanke Konstruktion mit nur 1,90 m Bauhöhe in Feldmitte über dem Neckar.

Denn im Bereich der 86 m Stützweite des mittleren Flussfeldes musste ein 60 m breites und 6,30 m hohes Licht-raumprofil für die Binnenschifffahrt ein-gehalten werden. Die architektonisch und statisch anspruchsvolle Brückenkonst-ruktion war auch für die Bauausführung herausfordernd: Die mit nur 4 m Breite sehr schmalen Stahl-Hohlprofile wurden dichtgeschweisst teils am Neckarufer vormontiert und das 145 t schwere Mittel-stück mithilfe eines Schwimmkrans in die Endlage eingehoben. Durch die in zwei Achsen gekrümmte Brückengeometrie war auch der Betonüberbau mit entspre-chenden Herausforderungen verbunden: Die Brücke geht von einer Wendeklothoide in einen Radius von 125 m über und ist in Längs-und Querrichtung bis zu 7,5% geneigt. Und im Bereich des Neckars war beim Bauen über Wasser alles aus-schliesslich von oben bedienbar.

Angepasste Baukastenlösung
Das praxisgerechte Baukastensystem Variokit von Peri zielt darauf ab, wirt-schaftliche Lösungen für den Grossteil aller Anforderungen im Ingenieurbau zu ermöglichen. Im Fokus steht dabei ein hoher Anteil an mietbaren Kern-und Systembauteilen, die vielfältige Anwen-dungen im Tunnel-, Brücken-und allgemeinen Ingenieurbau abdecken. In Kombination mit dem baustellenbeglei-tenden Support durch den Stuttgarter Peri-Fachberater und den Ingenieuren des Weissenhorner Kompetenzzentrums Infrastruktur bei Planung und Ausführung wurde zusammen mit der Wolff & Müller Ingenieurbau GmbH eine projektspe-zifisch angepasste Baukastenlösung für die Benninger Neckarbrücke erarbeitet. Im ersten Schritt ermöglichte die abge-hängte Variokit-Kragarmschalung die Herstellung des in 11 jeweils 15 bis 20 m lange Abschnitte eingeteilten Brücken-überbaus im regelmässigen Wochentakt. Die anschliessende Aufbringung der Brückenkappen erfolgte mithilfe der Variokit-Gesimskappenkonsole.


Überbau mit nahezu 4 m Kragarm
Zur Herstellung der bis zu 45 cm starken Beton-Fahrbahnplatte der in Stahlver-bundbauweise ausgeführten Brücken-konstruktion wurde die Kragarmkonsole VCB verwendet. Trotz der enorm grossen Auskragung von beidseitig 3,95 m konnte mit einem grosszügigen Konsol-abstand von 90 cm gearbeitet werden. Ein weiterer grosser Vorteil war, dass sich die Variokit Systemlösung fächerförmig mittels zweier unterschiedlicher Aufhän-gungsvarianten an die jeweilige Baustel-lensituation anpassen liess: In den Bereichen über Land konnte nach dem Betonieren und Aushärten die Aufhän-gung von unten gelöst werden. Bei den Betonierabschnitten über Wasser war die Aufhängung so gestaltet, dass die Bühnen von oben gelöst und mit dem Kran umgesetzt werden konnten. In beiden Fällen war der Überbau frei zugänglich, die bündig mit der Beton-oberkante abschliessende Spannstahlauf-hängung vermied Störstellen und ermöglichte durch den Einsatz von Rüttel-bohlen hohe Betoniergeschwindigkeiten. «In nur 12 Wochen war der 195 m lange Brückenüberbau in Rekordzeit fertig», resümierte Bauleiter Hüseyin Aktas stellvertretend für das Wolff & Müller Baustellenteam.

Krönender Abschluss: Gesimskappe
Die einfach handhabbare Gesimskappen-konsole VGK war für die Brückenkappen der Neckarbrücke mit knapp 200 m Länge die wirtschaftlichste Ausführungs-lösung und ermöglichte zudem sicheres und effizientes Arbeiten. Durch die Verankerung der Bühneneinheiten an der Brückenunterseite konnten alle Arbeiten auf der Oberseite des Überbaus störungs-frei durchgeführt werden. Der durchdrin-gungslose Bühnenbelag sorgte für ausreichenden Schutz für die querenden Binnenschiffe und die dort trainierenden Wassersportler mit ihren Ruderbooten. Und die separate Schalungseinheit der VGK-Lösung liess sich stufenlos an die geforderte Kappengeometrie problemlos anpassen. ■