Wetter beeinflusst Geräusche unter Höchstspannungsleitungen

Wer nach einem Regenschauer bei einem Spaziergang eine Höchstspannungsleitung unterquert, stellt fest, dass diese manchmal knistert und brummt. Weshalb das so ist, dafür gibt es verschiedene Gründe.

Sobald eine Höchstspannungsleitung eingeschaltet ist, steht sie unter Spannung, auch wenn kein Strom fliesst. Dabei entsteht ein elektrisches Feld. Dieses ist unmittelbar bei den Leiterseilen sehr stark und nimmt mit zunehmender Distanz rasch ab. Bei Unebenheiten auf dem Leiterseil, beispielsweise durch Wassertropfen verursacht, kann das Feld lokal stärker werden.

Ab einer bestimmten Stärke des Felds können sich elektrische Entladungen entwickeln. Diese sogenannten Koronaentladungen verursachen das Knistern oder Brummen. Diese Geräusche haben also nichts mit der Auslastung der Leitung zu tun. Sie entstehen immer dann, wenn die Leitung in Betrieb ist und Wassertropfen auf den Leiterseilen liegen. Auch Pollen oder andere Verunreinigungen können die Koronaentladungen auslösen.

Die 380-kV-Freileitung Gösgen - Laufenburg zwischen Ittenthal und dem Kaistenberg. (Foto: Swissgrid)
Die 380-kV-Freileitung Gösgen – Laufenburg zwischen Ittenthal und dem Kaistenberg. (Foto: Swissgrid)

Je grösser die Spannung, desto stärker ist das elektrische Feld. Deshalb treten Geräusche bei Leitungen mit 380 Kilovolt Spannung häufiger auf als bei 220-Kilovolt-Leitungen oder bei Leitungen des Verteilnetzes. Doch wie können solche Geräusche verringert werden?

Alte Leiterseile erzeugen weniger Geräusche

Ein neues Leiterseil verursacht mehr Geräusche als ein altes. Dies klingt paradox und ist nicht etwa auf eine geringere Qualität des neueren Materials zurückzuführen. Leiterseile bestehen aus glatten Aluminiumdrähten mit grosser wasserabweisender Wirkung. Auf einer wasserabweisenden Oberfläche entstehen, wie bei einem Regenmantel, viele Tropfen. Auf einer wasseranziehenden Oberfläche wie bei einem Jeansstoff entwickelt sich hingegen ein Wasserfilm. Je älter und verwitterter ein Leiterseil ist, desto mehr wird seine Oberfläche wasseranziehend. Deshalb entstehen weniger Geräusche.

Um Geräusche zu vermeiden können in der Nähe von Siedlungsgebieten neue Leiterseile eingesetzt werden, die entweder mit einer speziellen wasseranziehenden Farbe beschichtet sind oder die mit technischen Verfahren, beispielsweise wie mit Sandstrahlen, behandelt wurden, damit sie wasseranziehend werden. Derart behandelte Seile sind matt und glänzen nicht.

Dicke Leiterseile sind leiser

Je der Querschnitt eines Leiterseils, desto geringer ist das elektrische Feld. Das ist auf die grössere Oberfläche des Leiterseils zurückzuführen. Je dicker ein Leiterseil ist, desto weniger Koronaentladungen erzeugt es und verursacht damit weniger Lärm. Das elektrische Feld an der Oberfläche kann auch durch die Verwendung mehrerer Leiterseile begrenzt werden. Bei Höchstspannungsleitungen werden deshalb oft mehrere Leiterseile pro Phase eingesetzt, was sich bei genauem Hinschauen aus der Nähe feststellen lässt. Allerdings sind dickere oder mehrfache Leiterseile entsprechend schwerer, was sich auf die Dimensionierung der Masten auswirkt. Massivere Masten sind jedoch besser sichtbar und lassen sich weniger in die Landschaft integrieren.

Koronaentladungen werden genauer erforscht

Leiterseile mit einem grösseren Querschnitt haben noch einen weiteren Vorteil: Die Übertragungsverluste sind geringer. Bei der Dimensionierung einer Höchstspannungsleitung spielen demnach verschiedene Faktoren eine Rolle: Lärmentwicklung, Übertragungsverluste, Materialbedarf, Kosten und Sichtbarkeit. Die ETH Zürich lässt die für die Geräusche verantwortlichen Koronaentladungen erforschen, wobei genauere Messungen und Berechnungen im Vordergrund stehen. Dazu führt die Hochschule Messungen unter realen Bedingungen durch, zum Beispiel im Rahmen eines Freiluftversuchs in Däniken. Dank der exakteren Modellierung der Geräusche kann künftig besser geplant werden, wo Massnahmen zur Geräuschreduktion notwendig sind und wo welche Art von Leiterseilen verwendet werden sollte.

Weitere Informationen

www.swissgrid.ch

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