Wege in eine nachhaltige Klima- und Energiezukunft
Kaum Schnee im Winter, immer heissere Sommer, Dürreperioden, Starkniederschläge, Hochwasser: Auch in der Schweiz sind die Folgen des Klimawandels spürbar. Ansätze für eine nachhaltige Klima- und Energiezukunft standen deshalb im Fokus des 19. IGE-Seminars des Instituts für Gebäudetechnik und Energie der Hochschule Luzern.
Jürgen Ragaller, Klimaexperte des Kantons Luzern, stellte den Planungsbericht Klima und Energie des Kantons Luzern vor. Er hob hervor, dass die Erwärmung in der Schweiz doppelt so schnell wie im globalen Mittel voranschreite (2⁰C Temperaturzunahme vs. 1.2⁰C). Das Ziel des Kantons Luzern sei die Klimaneutralität bis 2050, wobei alle Sektoren ihren Beitrag leisten müssten. Trotzdem werde es nicht ohne Negativ-Emissions-Technologien (NET) gehen. Christine Meier, Nachhaltigkeitsverantwortliche der SBB, präsentierte ein Paket von über 200 Massnahmen, mit dem das Unternehmen die betrieblichen Treibhausgasemissionen bis 2030 im Vergleich zu 2018 halbieren will: von der technischen Optimierung des Rollmaterials über die Kreislaufwirtschaft am Beispiel alter Fahrleitungsmasten bis zu Bahntechnikgebäuden aus modularen Holzelementen und Solarzellen und Biodiversität entlang der Schienen. Nachhaltigkeit sei Teil der Unternehmensstrategie, das Ziel eine klimaneutrale SBB bis 2030. Lukas Küng von der Organisation für Stromversorgung in ausserordentlichen Lagen (OSTRAL) legte die Gründe für das Ausbleiben der für den letzten Winter befürchteten Strommangellage dar – unter anderem habe das milde Wetter mitgeholfen. Er mahnte aber auch «Nach dem Winter ist vor dem nächsten Winter»; für eine allfällige Energiekrise solle man frühzeitig planen. Gleichzeitig betonte er: «Wir waren noch nie so gut auf eine Strommangellage vorbereitet wie heute.»
Gamechanger grüner Wasserstoff?
Auch Daniela Decurtins vom Verband der Schweizerischen Gasindustrie (VSG) ging auf die Energiekrise ein und zeigte in ihrem Referat auf, dass eine Stromlücke aufgrund der Elektrifizierung des Systems (Stichwort E-Mobilität) wahrscheinlicher werde und es deshalb alle erneuerbaren Energieformen brauche, um die Versorgung langfristig sicherzustellen. Gas werde zunehmend erneuerbar. Das Ziel sei die dekarbonisierte Gasversorgung bis 2050. Zudem dürfe die Schweiz den globalen Megatrend Wasserstoff nicht verpassen. Noch seien viele Fragen offen, doch es sei klar, dass die Welt die Klimaziele ohne den grünen – also klimaneutral erzeugten – Wasserstoff nicht erreiche. Thomas Marti vom Verband Schweizerischer Elektrizitätsunternehmen (VSE) stellte die VSE-Studie zur Energiezukunft 2050 vor. Er betonte, dass Versorgungssicherheit und Klimaneutralität gleichzeitig möglich seien, jedoch nur durch eine umfassende Elektrifizierung. Dafür brauche es einerseits grosse Anstrengungen für eine enge Kooperation mit der EU – auch mit Blick auf eine europaweite Infrastruktur für den grünen Wasserstoff, der in Zukunft ein wichtiges Element der Schweizer Energieversorgung werden könnte – und andererseits einen massiv beschleunigten Ausbau der Erneuerbaren.
Das grosse Interesse am diesjährigen IGE-Seminar zeigte, dass Klima- und Energiefragen bewegen. Das Fazit der Veranstaltung: In zahlreichen Bereichen wird schon viel getan, es braucht aber weitere Anstrengungen und innovative Lösungen auf dem Weg in eine nachhaltige Energie- und Klimazukunft – und die dazu nötigen Fachleute.