Neues Additiv schützt Holzwerkstoffe vor Flammen
Spezialisten der Empa haben ein neues Flammschutzmittel für Holz und Holzwerkstoffe entwickelt. Der farblose, mit Lack und Cellulose-Werkstoffen gut mischbare Zusatzstoff erschliesst holzverarbeitenden Betrieben neue Einsatzmöglichkeiten.
Weltweit steigen die Anforderungen an den Brandschutz – speziell bei öffentlichen Gebäuden oder beim Fahrzeugbau. Diese Entwicklung führt dazu, dass immer mehr ansonsten geeignete Materialien wie beispielsweise Holz in vielen Bauwerken oder Verkehrsmitteln nicht mehr einsetzbar sind und durch andere Produkte substituiert werden müssen. Ziel des von der KTI (Kommission für Technologie und Innovation) bezuschussten Forschungsprojekts war es daher, ein Flammschutzmittel zu entwickeln, welches den Brandwiderstand von solchen Materialien erhöht, ohne dabei die positiven Eigenschaften der Werkstoffe zu beeinträchtigen.
Farbloses, ungiftiges Additiv
Das neue Flammschutzmittel mit dem Produktnamen AFA (Anti-Flame-Additive) erfüllt diese Vorgaben: Es ist farblos und lässt sich mit wasserbasierten Lacken oder UV-Schutzlacken mischen und ist nicht nur als Lackschicht, sondern auch als Additiv in Holzwerkstoffplatten einsetzbar. Zudem ist es frei von Brom und Bor, enthält keine halogenierten, organischen Verbindungen. Es erzeugt keine giftigen Ausdünstungen und entfaltet bereits ab einer Konzentration von zehn Prozent seine flammhemmende Wirkung. AFA basiert auf der von der Empa entwickelten Substanz EDA-bis-TEPT, einem Flammschutzmittel aus der Klasse der Organophosphonate. Es kombiniert Phosphor- und Stickstoffanteile in einem einzigen Molekül und hat flammhemmende Auswirkungen auf Cellulose. Das neu entwickelte Additiv hat in internen Tests bereits seine Wirksamkeit gezeigt und ist seit 2018 mit einer Patentanmeldung geschützt. Derzeit werden Anwendungstests durchgeführt, so wird zum Beispiel die Beimischung von AFA zu verschiedenen marktüblichen Baustoffen und Lacksystemen erprobt.
Zulassungsverfahren läuft
Erste Tests mit grossen Holzwerkstoff-Plattenherstellern sind sehr positiv verlaufen. Ebenso mit dem weltweit drittgrössten Hersteller von HPL (High Pressure Laminates). Nachdem das AFA bei der Herstellung in die Cellulose eingebracht worden ist, wird ein Entflammen des Werkstoffs zuverlässig verhindert. In einem weiteren Schritt wird AFA die für eine Zulassung nötigen Brandschutz- und Zulassungstests durchlaufen.
Zusammenarbeit mit Unternehmen der Holzbauindustrie
Forschungspartner der Empa ist bei diesem Projekt die Bruag Fire Protection AG, eine Schwesterfirma der Bruag AG mit Sitz in Güttingen TG. Bekannt ist das Unternehmen als Produzent von glatten und perforierten witterungsbeständigen Fassadenplatten und Balkonbrüstungen sowie dekorativen Elementen wie etwa Raumteilern, Treppengeländern oder Akustiklösungen für den Innenbereich, welche hauptsächlich auf Holzwerkstoffen basieren. Dadurch ist die international tätige Bruag AG direkt von den verschärften Brandschutzrichtlinien betroffen. So wurde beispielsweise in der Schweiz Anfang 2015 die neue Brandschutzvorschrift im Bauwesen eingeführt. Auch international steigen die Ansprüche an den Brandschutz stetig. Zugleich werden Umweltrichtlinien verschärft, was herkömmliche Brandschutzmittel nach und nach aus dem Markt drängt. Aufgrund dieser Entwicklungen ist die Bruag AG stetig auf der Suche nach geeigneten flammhemmenden Mitteln. Weil auf dem Markt jedoch kein passendes Produkt verfügbar war, hat Bruag entschieden, selbst die Initiative zu ergreifen. In der Empa fand das in Produkt- und Prozessinnovationen erfahrene Unternehmen die ideale Forschungspartnerin.
EDA-DOPO ist in REACH-Datenbank registriert
Ein weiteres, an der Empa entwickeltes Flammschutzmittel heisst EDA-DOPO und ist bereits einen Schritt weiter auf dem Weg zum kommerziellen Einsatz. EDA-DOPO gehört zur Klasse der Phosphonamidate, enthält keine umweltschädlichen Halogene und ist seit Herbst vergangenen Jahres in der EUChemikaliendatenbank REACH registriert. Die Registrierung eines neu entwickelten Stoffs ist sehr aufwendig und stellt einen wichtigen Meilenstein für die kommerzielle Vermarktung dar: REACH-registrierte Stoffe gelten als sicher für Menschen und Umwelt. Sie dürfen ohne Gefahrgutklasse auch in grösseren Mengen EU-weit transportiert werden und sind auch in Wohngebäuden, öffentlichen Gebäuden und in öffentlichen Verkehrsmitteln einsetzbar.