Arbeiten im Decision Room
Digitalisierung ist derzeit wohl einer der meistgebrauchten Ausdrücke. Alle reden davon, aber nur wenige wissen, was Digitalisierung wirklich bedeutet, was für Möglichkeiten, Chancen, aber auch Risiken und Stolperfallen dieser Weg mit sich bringt.
Die Architektur und die Bauindustrie machen in Produktinnovation und Softwareentwicklung gewaltige Sprünge im Bereich der Virtual & Augmented Reality. Von Augmented Reality spricht man, wenn echte Bilder oder Videoaufnahmen mit computergenerierten Zusatzinformationen oder virtuellen Objekten ergänzt werden. Diese Einblendungen oder Überlagerungen führen zu einer erweiterten Realitätswahrnehmung. Bei Halter ist dies Investoren, Arealentwicklern, Käufern von Liegenschaften oder Grundstücken nicht länger vorenthalten: Der Halter Decision Room nutzt die neuesten Technologien ihrer Schwestergesellschaft Raumgleiter AG mit einem einzigen Ziel: Die Sicherheit bei der Entscheidfindung der Kunden zu erhöhen. Markus Mettler, CEO der Halter AG, weiss, dass man die Digitalisierung weder aufhalten noch kontrollieren kann: «Integrale Planungskompetenz ist nötig. Und besonders wichtig ist es, die Haustechnik von Beginn an in diesen digitalen Bauprozess zu integrieren.» Heute können Planer und Arealentwickler ein Projekt in drei Monaten auf die Stufe Baubewilligung bringen. Früher benötigte man dazu Jahre. «Bei der Planung des Limmat-Towers im Jahr 2010 haben wir den Partnern vorgeschlagen, den Bau von Beginn an als digitales Projekt zu realisieren. Keiner wollte damals mitmachen», so Mettler.
Was ist ein Decision Room?
Auf den ersten Blick wirkt der Decision Room der Raumgleiter AG wie ein modernes Sitzungszimmer mit vielen Bildschirmen an der Wand. Der Name bedeutet «Entscheidungsraum » und kann am ehesten mit dem militärischen Lagezentrum übersetzt werden. Und eigentlich ist er ja auch ein Entscheidungsraum. Der Arealentwickler, Investor oder Immobilienkäufer sieht alle Möglichkeiten, Varianten und Entscheidungsgrundlagen realistisch vor sich und kann so in kürzester Zeit effizient und verbindlich entscheiden, welchen Weg ein Projekt in Zukunft gehen soll. Die Fähigkeiten des Decision Rooms sind schon heute breit und werden immer mehr ausgebaut: Sei es, ein Hologramm vom künftigen Hochhaus in der Mitte des Sitzungstisches in 3D erscheinen zu lassen oder virtuelle Raumbegehungen in 3D zu realisieren. Computersimulationen berechnen und zeigen die Sonneneinstrahlung und den Schattenwurf zu jeder beliebigen Tageszeit. Oder die Aussicht in Richtung Horizont vom 10. Stock eines Neubaus. Das sind nur zwei der Fähigkeiten eines Decision Rooms. Gebäudehüllen oder Materialien im Innern können auf Knopfdruck live ausgetauscht und Einrichtungen umgestellt werden. Diese Änderungen erfolgen live, vor dem Kunden, und sind sofort nachvollziehbar. Es muss also kein nächster Termin vereinbart werden, an welchem die Änderungswünsche nochmals präsentiert werden. Dadurch lassen sich unnötige Folgekosten wegen Änderungen während oder nach dem Bau vermeiden. Raumgleiter als Entwicklerin des Halter Decision Rooms hilft auch bei Vermietung und Verkauf von Liegenschaften mit fotorealistischen Landschafts- und Gebäude- Renderings. Basis dazu ist die entsprechende State-of-the-art-Softwareprogrammierung.
Projekt VanBaerle als 3D-Modell Das gut erschlossene, bisher industriell genutzte VanBaerle-Areal zwischen Bahnhof und Dorfkern von Münchenstein wird sich in den kommenden Jahren zu einem attraktiven, urbanen Wohnquartier mit einem breiten Nutzungsspektrum und Zentrumsfunktionen wandeln. Ein erster planerischer Meilenstein ist der städtebauliche Studienwettbewerb. Die Projektverantwortlichen haben dabei mit einem digitalen Wettbewerb neue Wege beschritten. Ein Gespräch mit Daniel Kapr, Mitglied der Geschäftsleitung Raumgleiter AG.
Was unterscheidet einen digitalen von einem herkömmlichen Wettbewerb?
Im konventionellen Verfahren werden alle Unterlagen und Pläne der Teams in 2D abgegeben; allenfalls wird noch eine Excel-Tabelle für die Flächen zusammengestellt. Dies hat zur Folge, dass die Architektenteams sehr viel Zeit und Aufwand für die Präsentation ihres Wettbewerbsbeitrags aufwenden. Jeder möchte ja die Schokoladenseite präsentieren. Es werden sehr realistische Visualisierungen und eindrückliche Gipsmodelle erarbeitet. Dieser Entwicklung wollten wir gezielt mit der Ausschreibung eines digitalen Wettbewerbs entgegenwirken.
Was war die Herangehensweise im Projekt VanBaerle?
Wir beabsichtigten, uns bewusst von einem konventionellen Wettbewerb zu lösen und haben das 3D-Modell ins Zentrum des Wettbewerbs gestellt. Dabei stand aber immer im Vordergrund, die Digitalisierung nicht als Selbstzweck zu betreiben, sondern im Dienste eines besseren und effizienteren Ergebnisses. Gemeinsam mit den Projektverantwortlichen von Halter Entwicklungen haben wir uns zunächst die Frage gestellt, was wir uns überhaupt als Ergebnis des Wettbewerbs erhofften. Es hat sich schnell herauskristallisiert, dass wir eine phasenweise Herangehensweise verfolgten.
Stehen dahinter auch Überlegungen zu neuen Ansätzen im Bereich Digitales Planen und Bauen?
Ganz klar. Der Planungs- und Bauprozess im Sinne von Virtual Design and Construction muss – wenn man es ernsthaft betreibt – auch Auswirkungen auf die Prozesse haben. Mit Design, Engineering, Construction und Betrieb verfolgen die Projektverantwortlichen ein Phasenmodell, das sich deutlich von einem konventionellen Vorgehen nach SIA unterscheidet.
Wie ist man nun konkret vorgegangen?
Die wichtigste Frage war: Welcher Detaillierungsgrad ist für die Phase Städtebau adäquat? Daraus ergab sich die Zusammenstellung aus Volumen, Geschossigkeit, Nutzungen und die Gliederung der Umgebung inklusive Verkehrsführung als Anforderungskatalog. Dahinter stand auch die Überlegung, das sogenannte Phasenmodell auf dem Hintergrund der Fertigstellungsgrade aus der BIM-Welt zu adaptieren.
Welche Unterlagen waren Bestandteil der Ausschreibung?
Neben einem konventionellen Programm haben wir einen 3D-Modellplan zur Verfügung gestellt. Darin waren die Angaben enthalten, mit welchen Bauteilen und Informationen die Teams das 3D-Modell erstellen sollten. Zusätzlich haben wir ein Umgebungsmodell mit dem Bearbeitungsperimeter und zwei Referenzpunkten für die Geo-Referenzierung mitgeliefert. Mit diesen Vorgaben konnten wir sicherstellen, dass die Vergleichbarkeit der einzelnen Beiträge gewährleistet war.
Das klingt alles sehr positiv. Gab es auch Enttäuschungen oder unerwartete Stolpersteine?
Wir sind mit der Idee gestartet, dass sich dank des 3D-Modells alle Daten quasi auf Knopfdruck und vollautomatisch generieren und quervergleichen liessen. Es hat sich aber gezeigt, dass dem nicht so ist. Die Aufbereitungsphase für die einzelnen Wettbewerbseingaben war viel aufwendiger, als wir ursprünglich gedacht hatten. Angesichts des Pilotcharakters des Wettbewerbs sind wir aber sehr zuversichtlich, dass wir diesen Prozess in Zukunft noch sehr viel effizienter gestalten können und damit einen echten Mehrwert schaffen: für Entwickler, für Bauherren aber auch für Architekten.