In Burgdorf entsteht das grösste Minergie-A-Eco-Holzbau-Projekt mit Schweizer Holz. Ziel: Nachhaltigkeit erschwinglich zu machen.
Redaktion
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8. April 2022
In Burgdorf BE wird derzeit ein neues Quartier gebaut, das hinsichtlich Ökologie und Wirtschaftlichkeit Vorbildcharakter hat. Die zehn Mehrfamilienhäuser im Fischermätteli werden aus Schweizer Holz erstellt und erreichen den Standard Minergie-A-Eco. Das Areal wird durch ewz zu 100 Prozent mit erneuerbarer Energie versorgt und die Abrechnung von Strom und Wasser erfolgt verbrauchsabhängig mit einer umfassenden Nebenkostenabrechnung. Das entlastet die Verwaltung und macht die Verbräuche für die Eigentümer sichtbar. Im Videobeitrag führt Christian Rolli, Projektleiter ewz, über die Baustelle.
Gebäude, die sich selbst besitzen und verwalten: Diese Idee des Thinktanks Dezentrum wurde an der ETH Zürich erstmals prototypisch verwirklicht. Resultat ist eine Meditationskabine, die gewohnte ökonomische und gesellschaftliche Vorstellungen ins Wanken bringt.
Redaktion
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17. März 2022
No1s1 – dieses Haus gehört sich selbst (aus einem Video der ETH Zürich).Die Doktorandin Hongyang Wang mit dem Prototyp No1s1 im Student Project House auf dem Campus Zentrum.
Text: Leo Herrmann | Fotos: ETH Zürich
Bereits die äussere Erscheinung der kleinen prismaförmigen Hütte im neu eröffneten Student Project House auf dem ETHCampus Zentrum vermag Betrachterinnen und Betrachter neugierig zu machen. Sie ist mit LED-Lichtern geschmückt, mit einem Solarpanel verbunden und hat im Inneren bequeme Sitze zum Meditieren. Die visionäre Idee, die der Holzkonstruktion zugrunde liegt, lässt sich auf den ersten Blick jedoch kaum erahnen. «Die Vision ist mächtig», ist Hongyang Wang überzeugt. «Sie berührt alle Bereiche der Gesellschaft und stellt viele unserer grundlegenden Vorstellungen auf den Kopf», sagt Hongyang Wang, die schon als Masterstudentin an diesem Projekt arbeitete. Derzeit ist sie Doktorandin an der Professur für innovatives und industrielles Bauen, die sich unter anderem mit neuen Technologien, Governance-Strategien und Organisationsmodellen für Bauprozesse befasst.
Die erwähnte Vision sei entweder eine sehr kleine oder eine sehr grosse, führt Hongyang Wang aus. Die kleine Vision könnte so aussehen wie die Hütte im Student Project House. Die solarbetriebene Meditationskabine funktioniert autonom, und jeder und jede kann sie online für eine bestimmte Zeit mieten, um darin zu meditieren. Einlass gewährt der Pod automatisch nach dem Vorzeigen eines QRCodes. Das ist praktisch. Die grosse Vision beginnt eine Ebene über dem unmittelbaren Raumerlebnis bei der Funktionsund Organisationsweise der Hütte. Der Name des Projekts, No1s1 (ausgesprochen wie «no one’s one»), gibt den ersten Hinweis: Der Meditationsraum ist ein Prototyp für ein Haus, das niemandem gehört. Er verwaltet und vermietet sich selbst. Die Einnahmen sollen künftig in Form der Kryptowährung Ethereum erfolgen – die momentane Testversion kostet kein echtes Geld – und auf ein Konto (Wallet) fliessen, das vom Haus selbst kontrolliert wird. In der Theorie könnte es nicht nur im Schadensfall selbst einen Handwerker rufen, sondern sich sogar rechtlich selbst besitzen. Ermöglichen soll das eine sogenannte dezentralisierte autonome Organisation (DAO), die mit dem Haus verbunden ist.
Eine Infrastruktur wie ein natürliches Ökosystem
Die Organisation dieser computergestützten Selbstverwaltung basiert auf der Blockchain-Technologie. Diese verspricht ein enormes Dezentralisierungspotenzial: Die Blockchain erlaubt es, Verträge abzuschliessen, ohne dass eine zentrale, möglichst vertrauenswürdige Instanz wie eine Bank oder Regierung dafür bürgen muss (auch Kryptowährungen beruhen auf dieser Idee und Technologie). So kann sich eine grosse Zahl von Menschen – oder digitalen Systemen – zu einem bestimmten Zweck koordinieren, ohne dass hierarchische Strukturen und menschliche Vermittlung erforderlich wären. Diese «Smart Contracts» bilden die Grundlage für die DAO,
die den Meditationspod betreibt. Menschen können sich darin organisieren und nach demokratischen Prinzipien unter anderem die Regeln in den Verträgen ändern – einen menschlichen Besitzer braucht die Struktur deswegen nicht. Die Weiterentwicklung der Regeln könnte zudem theoretisch eine künstliche Intelligenz (mit-)übernehmen. Solche autonomen Organisationsformen könnten je nach Entwicklung dereinst herkömmlichen Unternehmen rechtlich gleichgestellt sein.
Noch ist das nicht die Realität. Vielmehr zeigt sich darin die Tragweite der Idee: No1s1 als alternatives Modell für Immobilien und Infrastruktur. Die Technologie sei dafür noch nicht reif, betont Hongyang Wang, und No1s1 sei weltweit das erste ihr bekannte Projekt, das eine DAO mit einem physischen Objekt verbinde. Das Potenzial erklärt sie wie folgt: «Wenn Immobilien keine menschlichen Besitzerinnen oder Besitzer haben, entfallen durch die automatisierte Koordination hohe administrative Kosten. Vor allem aber muss das Modell nicht profitabel sein.» Allfällige Überschüsse könnten in den Unterhalt der Bauten oder an die Nutzenden zurückfliessen.
Keine Antwort, sondern eine Diskussionsgrundlage
No1s1 kam als Idee des Zürcher Thinktanks Dezentrum an die ETH. Mit Unterstützung der Projektpartner Digitec und Ernst & Young erarbeitete Hongyang Wang zusammen mit ihrem Betreuer Jens Hunhevicz daraus ihre Masterarbeit sowie ein Conference-Paper. Das Haus markiert, gemessen an seiner Vision, den ersten Schritt einer langen Reise. «Das Projekt wirft mehr Fragen auf, als es beantwortet, und das war auch das Ziel», sagt Daniel Hall. Betroffen ist die Technologie: Wie lässt sich zum Beispiel eine DAO so programmieren, dass sie für eine Gruppe von Menschen in einem demokratischen Prozess veränderbar, aber von niemandem manipulierbar ist? Die wohl noch komplexeren Fragen sind jedoch gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Natur: Wer finanziert zum Beispiel ein Bauprojekt für ein Haus, das sich selbst gehört? Und wer soll alles an der DAO eines bestimmten Gebäudes mitwirken können?
Ihren Fokus im weiteren Projektverlauf legen Hongyang Wang und Daniel Hall auf die Nutzung des Objekts und die Regeln einer solchen dezentralen Organisation. «Mit dem Prototyp möchten wir herausfinden, wie das Haus genutzt wird und welche Bedürfnisse die Nutzerinnen und Nutzer künftig haben werden», so Daniel Hall. Dafür sei es ideal, dass das Haus im neuen Student Project House stehe und breit zugänglich sei. Der Zweck des Meditationsraums eigne sich gut für einen Prototyp, weil seine Nutzung vergleichsweise einfach sei. Hongyang Wang, die selbst gern meditiert, sieht darin ein Symbol: «Die Meditation hat mich gelehrt, wie ähnlich sich Menschen im Innersten sind, dass alle ein Potenzial haben und den gleichen Respekt verdienen.» Nicht zuletzt deshalb, sagt sie, möchte sie mit ihrer Forschung Wege finden, um die Welt mittels Technologie ein bisschen fairer zu machen. ||
Lieferkette bei Baustoffen im europäischen Baugewerbe
Eine aktuelle Umfrage der globalen Strategieberatung L.E.K. Consulting zum europäischen Baugewerbe zeigt, wie Handwerker in Deutschland, Grossbritannien, Frankreich, Spanien, aber auch in der Schweiz und Österreich die benötigten Werkzeuge, Produkte und Materialien beschaffen.
Redaktion
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16. März 2022
Text und Fotos: Werner Müller
Dabei ist zu erkennen, dass die traditionelle Lieferkette für Baumaterialien durch die zunehmende Digitalisierung immer stärker aufgebrochen wird. «Die Beziehungen zwischen den Herstellern von Bauprodukten, den traditionellen Baustoffhändlern und ihren Kunden geraten unter Druck», erklärt Tom Diplock, Partner bei L.E.K. Consulting und Experte für Bauwesen und Baumaterialien. «Das Verhalten und die Erwartungen der Kunden ändern sich schnell, beschleunigt durch Covid-19 und eine jüngere, weniger erfahrene Generation von Digital Natives unter den Handwerkern und Bauunternehmern sowie durch die zunehmende Bedeutung von Onlinehändlern.»
Digitale Kanäle werden immer wichtiger
Sebastian Olbert, Geschäftsführer und Partner bei L.E.K. Consulting München und Experte im Bereich Industriegüter vermarktung und Digitalisierung, ergänzt: «Sowohl Hersteller als auch Händler müssen Wege finden, um über digitale Kanäle effektiv mit ihren Kunden in Kontakt zu treten und ihre Denkweisen besser zu verstehen, oder sie riskieren, den Anschluss zu verlieren. Unsere Umfrage zeigt, dass Amazon in einigen europäischen Ländern – unter anderem in Deutschland – inzwischen der von Handwerkern und Bauunternehmern am häufigsten genutzte Onlineanbieter von Bauprodukten ist.» Deshalb ist es von entscheidender Bedeutung zu verstehen, wie man von Amazon lernen und diese Plattform für das eigene Geschäft bestmöglich nutzen kann.
Die Ergebnisse der Umfrage deuten auf Schlüsselfragen hin, die den Herstellern von Bauprodukten, Händlern und weiteren Vertriebspartnern dabei helfen, die Veränderungen in ihrem Markt zu verstehen und Strategien zu entwickeln, um das Beste aus den neuen Möglichkeiten zu machen.
Interessante Umfrageergebnisse
Die Umfrageergebnisse haben mehrere wichtige Erkenntnisse zutage gebracht:
Bauunternehmer informieren sich umfassend vor ihren Einkäufen, insbesondere beim Bezug von schweren Baumaterialien, Handwerkzeugen und Ausrüstungen, sprich bei eher hochpreisigen Produkten.
Jüngere Bevölkerungsgruppen recherchieren häufiger und nutzen mobile Websites und Apps für die Recherche.
Online-und mobiles Einkaufen im Baugewerbe werden über die Pandemie hinaus auf einem hohen Niveau bleiben.
Die Präsenz von Amazon im Baugewerbe nimmt rapid zu.
Methodik der Umfrage
Das Unternehmen L.E.K. Consulting befragte rund 900 Bauunternehmer in vier europäischen Schlüsselmärkten: Grossbritannien, Frankreich, Spanien und Deutschland. Die Umfrage richtete sich an Unternehmen mit einem Umsatz von weniger als 100 Millionen Euro und umfasste alle Gewerke und Marktsegmente. ||
Der lokale Abbau ist enorm wichtig
Die meisten mineralischen Rohstoffe, die in der Bauwirtschaft verwendet werden, stammen aus einheimischer Produktion, was sich auf allen Ebenen positiv auswirkt.
Redaktion
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14. März 2022
Martin Graf ist Vizedirektor und Leiter Unternehmensführung beim SBV und Vorstandsmitglied von Neros (Netzwerk Mineralische Rohstoffe Schweiz).
Text: Martin Graf | Foto: zvg
Sand, Kies und Zement sind die drei wichtigsten Inhaltsstoffe von Beton. Pro Jahr werden davon auf Schweizer Baustellen rund 450 Millionen Tonnen verbaut. Die Herkunft der mineralischen Rohstoffe ist deshalb in jeglicher Hinsicht wichtig, und zwar sowohl aus ökologischer, wirtschaftlicher und strategischer als auch aus geopolitischer Sicht.
Nehmen wir zum Beispiel Sand, der zwei Drittel von Beton ausmacht. Ganze Inseln sind schon von der Weltkarte verschwunden, um den schier endlosen Bedarf einiger Staaten in Asien und am arabischen Golf zu stillen. Dabei werden oft Methoden eingesetzt, die katastrophale Auswirkungen auf die Umwelt haben. Ganz zu schweigen von den politischen Spannungen rund um die Versorgung mit Sand, die man heute zwischen einigen Ländern feststellen kann.
In der Schweiz haben wir das Glück, über ausreichend Sand zu verfügen, um unseren Eigenbedarf zu decken, und diese in unseren Böden, Seen und Flüssen vorhandene Ressource umwelt-und sozialverträglich abzubauen.
Lokaler Abbau ist besser als politische Profilierungen
Zudem deckt die Schweiz ihren Zementbedarf fast ausschliesslich mit inländischen Rohstoffen, deren Förderung streng reguliert ist. Trotzdem gibt es Stimmen, die sich gegen einen Ausbau der hiesigen Abbaugebiete wehren, ohne jedoch glaubwürdige Alternativen zu bieten. Werden diese Projekte, die notabene in kantonalen Richtplänen aufgeführt sind, nicht bewilligt, wird die inländische Zementproduktion bereits ab 2024 abnehmen. Die Folge sind Importe und eine Abhängigkeit vom Ausland sowie das Risiko, die Kontrolle über die Abbaubedingungen zu verlieren. Ausserdem ist die Versorgungssicherheit gefährdet, was wiederum weitere Probleme mit sich bringt.
Ideologische Überlegungen und systematische Verbote bringen uns in der Klimafrage nicht weiter. In Sachen Klimaschutz weiterkommen heisst nicht, den Kopf in den Sand zu stecken und das Problem ins Ausland zu verlagern oder es unter den Teppich zu kehren, ganz im Gegenteil: Es braucht konkrete, realistische und finanzierbare Lösungen, hier und jetzt. Der lokale Abbau ist deshalb enorm wichtig, und zwar entlang der gesamten Wertschöpfungskette, denn so können graue Energie, Transportwege und CO2-Emissionen eingespart und die hiesigen Ressourcen geschont und wieder in den Materialkreislauf aufgenommen werden. ||
Moderne Baulogistik
Jede Baustelle ist ein Unikat, deshalb lassen sich nicht einfach die industriellen Prozessautomatisierungen anwenden. Dieser Artikel zeigt Beispiele und Wege auf, wie Industrie 4.0 im Bauprozess integriert werden kann. Wir bringen eine gekürzte Version.
Redaktion
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11. März 2022
Der Megatrend Urbanisierung bzw. Siedlungsentwicklung wird voraussichtlich nach der Coronapandemie weiterhin bestehen. Zwar ist davon auszugehen, dass aufgrund von zunehmenden flexiblen Arbeitskonzepten wie beispielsweise Homeoffice die Nachfrage nach zentralen und teuren Büroräumlichkeiten eher sinkt. Urbane Wohngelegenheiten, die ebensolche «New Work»-Angebote beinhalten – seien das gemeinschaftliche Arbeitsstationen, Wohnungen mit zusätzlichen Arbeitszimmern, aber auch Erholungsorte –, werden dagegen immer mehr gefragt.
Bauprojekte helfen dabei, urbane Gebiete attraktiver, nachhaltiger und wirtschaftlicher zu gestalten. Bis zum Abschluss der Projekte fallen jedoch zahlreiche Herausforderungen im Bereich der Baulogistik an. Fehlende oder verspätete Lieferungen, keine zeitnahe Entladung der Fahrzeuge, ineffizientes Lagermanagement, viel Verkehr und Lärm oder fehlendes Abfallmanagement und ineffiziente Transportwege: Probleme im Zusammenhang mit der Logistik können oft auftreten und hohe sowie unnötige ökonomische und ökologische Kosten verursachen.
Die Optimierung der Ressourcenflüsse von und zu den Baustellen stellt deshalb eine massgebliche Schlüsselrolle für den Unternehmens-und den Projekterfolg dar. Insbesondere in urbanen Gebieten sind die Platzverhältnisse auf und um die Baustellenzonen oft eingeschränkt. Deshalb ist eine gut durchdachte Planung, um Ablade-, Lade-und Manövrierplatz optimal zu nutzen und Engpässe zu lösen, immens wichtig. In Europa werden zu diesem Zweck bereits staatsübergreifende Projekte ins Leben gerufen, um die systemischen Rahmenbedingungen von urbanen Bauprojekten zu verbessern.
Mit BIM über die Zeit planen
Für die einzelnen Unternehmen hingegen sind diese makroökonomischen Massnahmen (noch) wenig relevant. Wie können Schweizer Bauunternehmen effizientere Ressourcenströme von und zu den Baustellen erreichen? Nun, die viel diskutierte Digitalisierung im Bau betrifft zu einem grossen Teil unter anderem die Baulogistik und kann hier durchaus Verbesserungen bei Effizienz und Effektivität bewirken.
Besonders in urbanen und dicht verbauten Gebieten werden Lieferungen beispielsweise immer häufiger just in time koordiniert. Der Informationsaustausch zwischen den Parteien wird generell öfter über Building-Information-Modeling-(BIM-) Plattformen ablaufen, sodass Bauleiter, Planer und Architekten, Unternehmer, Kunden und Lieferanten in Echtzeit miteinander kommunizieren können. Somit sollen sich Kontrolle und Steuerung der Baustelle und der Baustellenlogistik zur proaktiven und vorausschauenden Planung wandeln, das anstelle einer reaktiven Problemlösung.
Begriffserklärung
Die Logistik besteht im heutigen Verständnis aus der Optimierung von Ressourcenflüssen, also Objekten in unternehmensübergreifenden Netzwerken und Wertschöpfungsketten. Der Begriff Baulogistik beschreibt die Ausprägung der Logistik für die Baubranche: «Die Baulogistik zielt auf die […] Ver-und Entsorgung mit bzw. von den richtigen Objekten, zum richtigen Zeitpunkt, in der richtigen Qualität und Quantität, am richtigen Ort und zu den richtigen Kosten ab, um die Ziele eines Bauprojekts hinsichtlich Termine, Kosten und Qualität zu erreichen» (Helmus et al., 2009). Des Weiteren sollte sie Aspekte wie Sicherheit, Gesundheit und Ökologie berücksichtigen. Die Hauptziele der Logistik lassen sich mit den sieben R zusammenfassen (ehemals sechs R, teilweise wird auch von 7R+ gesprochen): Das richtige Produkt soll im richtigen Zustand, zur richtigen Zeit, in der richtigen Menge, zu den richtigen Kosten und mit den richtigen Informationen am richtigen Ort bzw. beim richtigen Kunden sein.
Herausforderungen der Baulogistik
Bauprojekte benötigen jeweils eine Vielzahl an Materialien und Ressourcen, die rechtzeitig am richtigen Ort sein müssen. Ebenfalls unterliegen sie typischerweise den folgenden Rahmenbedingungen, die sich auf die Planung und die Ausführung der Logistik auswirken:
Einzelfertigung: Jede Baustelle benötigt ein neues Logistik-Set-up, da Bauprojekte durch individuelle Architektur und Baustoffkombinationen typischerweise einzigartig sind.
Standortabhängigkeit: Da sich der Standort von Projekt zu Projekt ändert, ändern sich ebenso die zugehörigen Umstände bezüglich Geologie, Verkehr, Topografie und Wetter.
Lagerkapazität: Baustellen sind materialintensiv und werden unregelmässig und je nach Projektphase beliefert. Auf der Baustelle selbst bestehen meist nur begrenzte Platzkapazitäten.
Projektabhängigkeiten: Bauprojekte werden meist sequenziell ausgeführt, das heisst, wenn eine Aktivität in Verzug ist, wirkt sich das auf die folgenden Aktivitäten aus.
Wetterabhängigkeit: Da Bauprojekte den Witterungsbedingungen unterliegen, kann es zu kurzfristigen Störungen im Bauprozess sowie zu saisonalen Schwankungen kommen, was sich wiederum auf die Baulogistik auswirkt.
Fragmentierung: Durch die hohe Fragmentierung mit vielen Marktteilnehmern im Bau treffen oft zahlreiche verschiedene Arbeitsmethoden aufeinander.
Als Folge sind oft zu viele Fahrzeuge für die gesamte Baulogistik im Einsatz, was Ineffizienzen in Bezug auf Kosten, Verkehr, Abgase und Lärm zur Folge hat. In der Konsequenz ergeben sich aus den oben erwähnten Punkten diese Herausforderungen.
Unklare Verantwortlichkeiten zwischen Baustelle und Lager
Ineffiziente Inventarverwaltung
Ineffiziente Logistik auf der Baustelle
Einfache Unterteilung der Baulogistik (Moritz Lüscher).
Voraussetzungen für die Digitalisierung in der Baulogistik
Wie in vielen Bereichen bietet die Digitalisierung auch in der Baulogistik verschiedene Ansätze, um Effizienz und Effektivität von Geschäftsprozessen zu verbessern und die oben genannten Herausforderungen anzugehen. Dafür sind jedoch verschiedene technische, prozessuale und unternehmenskulturelle Voraussetzungen zu erfüllen. Basierend auf Simbeck et al. (2018), werden die folgenden Voraussetzungen für eine digitalisierte Baulogistik erläutert. Hierbei handelt es sich um einen Pool von unterschiedlichen Grundlagen. Es ist zu beachten, dass nicht zwingend alle Aspekte erfüllt sein müssen, um von Digitalisierungsmassnahmen profitieren zu können. Frei nach dem Motto «Je mehr, desto besser» helfen diese dabei, Hemmschwellen in der Digitalisierung zu bewältigen und den branchenspezifischen Eigenschaften der baulogistischen Wertschöpfungskette gerecht zu werden.
Mobiler Internetzugriff
Ein schneller und mobiler Internetzugang ist Grundvoraussetzung für eine Digitalisierung der Baulogistik, da sämtliche Daten und Systeme jederzeit und zuverlässig online abrufbar sein müssen. Es sollte mindestens ein 4G-Zugriff gewährleistet sein, und die Projektmitarbeiter müssen mit Smartphones, Tablets oder Laptops ausgestattet sein.
IT-Kompetenzen
Eine digitale Baulogistik ist nur mit dem entsprechenden Wissensstand tragbar. Weiterbildung des bestehenden Personals in Sachen Digitalisierung und IT sowie Rekrutierung von Spezialisten, ergänzt durch selektive Unterstützung von externen Fachkräften, sind für den Erwerb von digitalen Kompetenzen notwendig. Grössere Firmen in der Bau-und Baulogistikbranche beschäftigen dabei eigene IT-Abteilungen, während kleinere Firmen eher auf externe Dienstleister zurückgreifen.
Digitalisierung der Geschäftsprozesse
Logistikprozesse sollten möglichst ganzheitlich digital gestaltet und gehandhabt werden können. Das bedeutet, dass das Management von digitalen Geschäftsprozessen über die gesamte Wertschöpfungskette erfolgt. Die digitalen Prozesse umfassen die Koordination und die Kommunikation, die Planung von Ressourcennachfrage und Lieferungen sowie die Dokumentation auf der Baustelle. Projektmanagementlösungen, ERP-Gesamtsysteme, Kommunikations-und Kollaborationsplattformen wie Teams helfen hierbei.
Aktive Einbindung aller Stakeholder
Die Wertschöpfungskette der Baulogistik ist komplex und beinhaltet meist zahlreiche verschiedene Stakeholder. Um Medienbrüche zu vermeiden, sollten alle involvierten Personen so früh als möglich eingebunden werden. Mittels SLA (Service Level Agreement) können beispielsweise auch Personen ausserhalb der eigenen Firma, die ebenfalls in die Geschäftsprozesse involviert sind, eingegliedert werden.
Rahmenbedingungen der Baulogistik (Moritz Lüscher).
Management von Risiko und Vertrauen
Eine effiziente und moderne Baulogistik ist dezentral aufgebaut und bietet dementsprechend weniger Möglichkeiten zur Überwachung und Kontrolle. Das Management von Risiken und der Aufbau von Vertrauen ist Führungsaufgabe und bedarf der Implementierung einer ganzheitlichen und von konstruktivem Denken geprägten Unternehmenskultur. Das Vertrauen muss entsprechend sowohl auf der Führungsseite als auch aufseiten der Mitarbeiter vorhanden sein. Konstruktive Gespräche wie beispielsweise 360-Grad-Feedback können hierbei unterstützen.
Digitale Unternehmensstrategie und -vision
Die Digitalisierung sollte im Bereich der Logistik in der Unternehmensstrategie verankert sein. Bauunternehmen werden ihre Logistikaufgaben in Zukunft vermehrt selbst übernehmen und sollten deshalb Begriffe wie «Just in Sequence», 3-DDruck, Fertigungsproduktion und modulares Bauen kennen. Entsprechend muss dem Schutz der unternehmenseigenen Systeme und Daten Rechnung getragen werden und eine ganzheitliche IT-Sicherheitsstrategie erarbeitet werden. Der SBV bietet hierfür mit den CybersecurityChecklisten eine Hilfestellung.
Offene Unternehmenskultur
Zu guter Letzt soll daran erinnert werden, dass die digitale Transformation im Bau und in der Baulogistik nie abgeschlossen ist. Um in einem kompetitiven Umfeld wie der Schweizer Baubranche zukunftsfähig zu bleiben, bedarf es einer kontinuierlichen Verbesserung des eigenen Leistungsportfolios. Zu diesem Zweck muss ein Unternehmen fähig sein, neue digitale Produkte und Services zu identifizieren und zu evaluieren, ein aktives und offenes Wissensmanagement zu betreiben und Trends und Innovationen frühzeitig zu erkennen. Bei Letzterem unterstützt der SBV mit dem interaktiven Trendradar.
Digitale Anwendungen in der Baulogistik
Die folgenden Techniken und Technologien stellen mögliche Anwendungsbereiche für eine digitale Baulogistik dar. Dabei wird im jeweiligen Anwendungsbereich zwischen Planung und Vorbereitung sowie zwischen Ausführung und Steuerung unterschieden. Einige Lösungen sind dabei über den gesamten Prozess sowie in der Dokumentation anwendbar, während andere eher gezielte Hilfestellungen in einzelnen Bereichen bieten.
Planung und Vorbereitung
Die Planung und die Vorbereitung der Baulogistik schaffen übergeordnet die Voraussetzungen, damit Baufirmen ihre Bauleistung koordiniert und ohne gegenseitige Behinderung erbringen können. Zu diesem Zweck können beispielsweise die folgenden Lösungen zum Einsatz kommen.
2-D-CAD: Mittels Computer-Aided Design können Pläne für die Baustellenversorgung schnell und einfach elektronisch erstellt werden. So lassen sich beispielsweise Routen zu und auf der Baustelle aus der Vogelperspektive planen und visualisieren. Autodesk-2-D-CAD bietet dafür mehrere kostenpflichtige Programme an, die viele andere Funktionalitäten abdecken. QCAD stellt sogar ein Open-Source-Programm zur Verfügung, das kostenfrei benutzt werden kann.
Onlineprojektplattform: Virtuelle Projektplattformen kommen in allen Bereichen der Logistik zur Kooperation und Kollaboration sowie zur Dokumentation zum Einsatz. Insbesondere in der Vorbereitung spielen diese eine wichtige Rolle, um einen späteren reibungslosen Ablauf zu ermöglichen. Mit Softwarelösungen wie der cloudbasierten Xitavis lassen sich in wenigen Stunden digitale Abbilder der Baustelle erstellen, wodurch alle Subunternehmer und Lieferanten ihre Zeitfenster für Anlieferung, Nutzung von Hilfsmitteln und Baugeräten selbstständig online buchen können. Alle Informationen, wie zum Beispiel Installa tions-und Zufahrtspläne oder Baustellenregeln, stehen für alle Beteiligten jederzeit online zur Verfügung.
Ablaufsimulation: Mit animierten Ablaufsimulationen lässt sich die Planung der Baustelleneinrichtung in zeitlicher Abhängigkeit zum Baufortschritt darstellen. Unternehmen wie Simplan bieten hierfür eigene Lösungen und Dienstleistungen an, mit dem Ziel, die Auslastung von Maschinen und Ausrüstung zu maximieren und den Bedarf an notwendigen Ressourcen zu minimieren.
Digitale Anwendungen in der Baulogistik (Moritz Lüscher).
Ausführung und Steuerung
Telematiksystem: Telematiksysteme erfassen permanent GPS-Daten über mobile Einheiten in Fahrzeugen und senden diese an einen Server. Die Daten werden verarbeitet und in einem weiteren Schritt für Handlungsempfehlungen ausgewertet. Diese Daten stehen dann den Fahrern und Mitarbeitern in Echtzeit zur Verfügung. Im Transportwesen gehört Telematik schon zum Standard, im Bau kann diese sowohl für die Lieferungen von und zu den Baustellen als auch für die Überwachung der Baumaschinen vor Ort, zum Beispiel als Diebstahlschutz oder für die Überwachung des Treibstoffverbrauchs, verwendet werden.
RFID und Barcodes: Bei der Radio-Frequency Identification werden Daten über Funkwellen identifiziert, ohne dass eine direkte Sichtverbindung notwendig ist. Barcodes hingegen werden direkt mit der Smartphone-Kamera erfasst. Die Daten werden in Echtzeit verarbeitet und stehen so den Beteiligten stets zur Verfügung. Mit Lösungen wie Hilti ON!Track lassen sich so sowohl das Flottenmanagement als auch das Betriebsmittelmanagement online und zuverlässig steuern.
Autonome Fahrzeuge: Obwohl es noch einige Jahre dauern wird, bis sich vollautonome Fahrzeuge mittels künstlicher Intelligenz und Robotik ohne menschliches Eingreifen von und zur sowie auf der Baustelle fortbewegen, gibt es bereits verschiedene Ansätze von autonomen oder halbautonomen Fahrzeugen. Führende Baumaschinenhersteller wie Caterpillar, Liebherr, Volvo und Komatsu investieren in die Ausstattung traditioneller Baumaschinen mit der notwendigen GPS-Technologie, mit maschinellen Lernfähigkeiten (künstliche Intelligenz), Fernsteuerung und der Fähigkeit, Baustellen in 3-D zu kartografieren. Geräte von Caterpillar beispielsweise können schon mit der CAT-Command-Technologie ausgestattet werden und erzielen somit durch den Einsatz von Fernsteuerung bei teilautonomen oder autonomen Systemen Verbesserungen bei der Fahrersicherheit, der Maschinenverfügbarkeit und der Standortproduktivität.
Mikroservices
Neben den grossen und komplexen zu bewältigenden Aufgaben stehen auf der Baustelle viele kleinere Herausforderungen an. Mikroservices sind digitale Anwendungen mit unterschiedlichen Funktionen, die dabei unterstützen:
Asset Tracking unterstützt bei der Lokalisierung von Maschinen, Gerätschaften sowie Ausrüstungsgegenständen über die gesamte Lebensdauer. Zudem sind sie im Falle von Entwendung oder Diebstahl beim Auffinden hilfreich. Ein Hamburger Bauunternehmen beispielsweise hat mithilfe des Mobilfunkanbieters 1NCE eine Lösung entwickelt, die mittels Industrial Internet of Things (IIoT) stets die Geolokalisierung der Fahrzeuge und Baumaschinen ermittelt.
Sensorik dient der Verkehrsanalyse und unterstützt bei der Standortbestimmung von Gerätschaften und Materialien auf der Baustelle. Überdies kann damit der Arbeitsrhythmus erfasst werden, was unter Umständen dabei hilft, die Bauphase zu verkürzen.
Smart Buttons benötigen wenig Aufwand und sind vielseitig einsetzbar: Zutrittsmanagement, Alarmierung, Reservation von Aufzügen, Übermittlung von Füllständen (zum Beispiel bei mobilem Tankvorgang), bei der Abholung von Containern im Entsorgungsmanagement oder für Bedarfsmeldungen von Kleinteilen. Das IOX Lab bietet hierfür beispielsweise eigene Lösungen an. ||
Wir suchen eine*n engagierte*n und kreative*n Chefredaktor*in
Mit gut zwanzig eigenen Verlagstiteln gehört der Galledia Verlag zu den bedeutendsten Fachverlagen der Schweiz. Dabei ist eines unserer wichtigsten Standbeine der Bereich Immobilien. Und genau in diesem Fachgebiet suchen wir für das neu akquirierte Magazin «die baustellen» eine*n engagierte*n und kreative*n Chefredaktor*in
Redaktion
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10. März 2022
Als grösstes unabhängiges Medienunternehmen der Ostschweiz ist die Galledia-Gruppe an neun Standorten in der Schweiz vertreten. Neben zahlreichen Fach- und Verbandspublikationen zählen drei lokale Tageszeitungen, mehrere Onlinepublikationen und grafische Produktionsbetriebe sowie zwei Event- und Veranstaltungsagenturen zum Medienunternehmen.
Chefredaktor*in
Deine Aufgaben
Journalistische Führung und Weiterentwicklung des Fachmagazins und der digitalen Formate
Planung und Erstellung des Magazins sowie Koordination von Beiträgen
Konzeption und Realisierung von Themen-Specials und Sonderausgaben
Recherchieren, Verfassen und Redigieren von Texten
Repräsentation der Redaktion nach aussen und Netzwerken mit Partnern und Verbänden
Dein Profil
Erfahrung im Journalismus oder in Publizistik
Stilsicheres Deutsch und zielgruppengerechte Schreibweise
Kenntnisse in und Freude an den Themen Bauen und Architektur
Digitale Affinität und ein Blick für neue redaktionelle Formate
Wir bieten
Ein spannendes und dynamisches Umfeld in einem vielseitigen Unternehmen zu attraktiven Konditionen
Abwechslungsreiche Tätigkeit und Raum für eigene Ideen und Themen
Ein positives Arbeitsklima, gelebte Wertschätzung und echte Zukunftsperspektive
Dann freuen wir uns auf Deine vollständigen elektronischen
Bewerbungsunterlagen, welche Du direkt über unsere Website einreichen kannst.
Kontakt
Bei Fragen stehen wir Dir gerne zur Verfügung:
Roland Auer, HR Manager, Telefon +41 58 344 97 63.
Die gebaute Schweiz neu denken
Gebäude, Strassen, Trassen, Ver-und Entsorgungsnetze und vieles mehr: Das gesamte Bauwerk Schweiz ist so komplex wie seine Herausforderungen für die Zukunft – durch Klima wandel, Naturgefahren, Bevölkerungswachstum und andere Faktoren. Wo beginnen? Mit welchen Schwerpunkten? Eine Expertengruppe lanciert eine Initiative für eine Gesamtschau und gibt damit neuen Schub für Forschung und Praxis.
Redaktion
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10. März 2022
In Entwicklung: Der Bahnhof Luzern (Foto: Simon Infanger / Unsplash).
Kohlendioxidemissionen durch Heizungen verringern, verdichtet bauen, Solarenergie stärker nutzen und effizient speichern, Mobilität und Transporte neu denken: Diese Schlagworte kommen mittlerweile vielen Zeitgenossen in den Sinn, wenn man nach dringenden Auf gaben fragt. Doch was ist das Wichtigste? Wie lassen sich die begrenzten Mittel am effizientesten einsetzen, um zum Beispiel bei den Treibhausgasen bis 2050 die an gestrebte Netto-Null zu erreichen, wenn zugleich das Schweizer Schienennetz ausgelastet ist, das Strassennetz hoch belastet wird und das Verkehrsaufkommen immer weiter steigt?
Fragen, die auch Fachleute ins Grübeln bringen. Angesichts der vielfältigen Herausforderungen wollen fünf erfahrene Experten dem Projekt «Entwicklung Bau – werk Schweiz», das vor rund zehn Jahren begann (siehe Infobox), nun neuen Schub verleihen. Unter der Leitung von Peter Matt möchten Fritz Hunkeler, Hans Rudolf Ganz, Laurent Vulliet, Professor an der ETH Lausanne, und der stellvertretende Empa-Direktor Peter Richner dazu neue Denkanstösse liefern – mit einer «Vogelperspektive» auf sämtliche anstehenden Aufgaben. Denn erst eine solche Synopsis erlaube es, Massnahmen über viele Themen hinweg zu priorisieren und, kurz gesagt, das Richtige zur rechten Zeit zu tun.
Fünf Schwerpunkte im Visier
Details aus den Analysen der Fachleute finden sich in einer neuen Roadmap mit dem Titel «Das Bauwerk Schweiz steht unter Anpassungsdruck!». Demnach sind fünf Segmente von den anstehenden Herausforderungen besonders betroffen: der Gebäudebestand, die Infrastruktur für den Güterverkehr, die Infrastruktur für den Personenverkehr, sowohl individuell als auch öffentlich, die Trinkwassernetze sowie die Abwassernetze.
Wo die Verfasser grosses Potenzial sehen, stellt die Roadmap grafisch dar. In einer Matrix werden der Handlungsbedarf und das Wirkungspotenzial für Massnahmen beim Personenverkehr und bei den Gebäuden als besonders hoch eingestuft. Zudem verschaffen Mindmaps einen Überblick: Grafiken, die für einzelne Segmente des Bauwerks Schweiz die «Treiber» – also Herausforderungen – möglichen «Hebeln» gegenüberstellen. Für den Güterverkehr zum Beispiel finden sich dort Stichworte wie Drohnen, Cargo Sous Terrain und Kostenwahrheit als Basis für ein Mobility Pricing.
Wissen erweitern und nutzbar machen
Konkret schlägt das Expertenteam drei Initiativen vor: erstens verstärkte Forschung, um das vorhandene Wissen zu erweitern; zweitens Weiterbildung, damit es rasch bei den Fachleuten in der Praxis ankommt; und drittens soll ein Impulsprogramm nützliche Informationen in Form von Dokumentationen und anderen Tools allen Interessierten verfügbar machen. «Mit der Roadmap verfolgen wir mehrere Ziele», so Peter Richner, «die Bedeutung des Bauwerks Schweiz für unsere Gesellschaft aufzuzeigen, den Handlungsbedarf zu konkretisieren und vor allem das Bewusstsein dafür zu schärfen, dass wir nur aus einer übergeordneten Gesamtsicht heraus eine zielführende Strategie entwickeln können.»
Detaillierte Informationen zu den Ideen der fünf Fachleute stehen auf einer neuen Website zur Verfügung. Neben der Roadmap umfassen die Dokumente ausserdem «Hauptthemen – Versuch zu einem Überblick», verfasst von Fritz Hunkeler: eine umfangreiche Materialsammlung, die unter anderem als Anregung zu Diskussionen dienen soll. Den fachlichen Hintergrund beleuchten verschiedene Präsentationen der Fachtagung «Entwicklung Bauwerk Schweiz» in Bern vom Juni 2013, auf denen das Projekt zum Teil basiert. ||
Erstellungswert in Mia. CHF (links: 2011, rechts: 2018Starke Treiber setzen das Bauwerk Schweiz unter einen massiven Anpassungsdruck!Erstellungswerte des Bauwerks Schweiz Quellen: Berechnungen pom+, basierend auf Arealstatistik 2018 und diverser Gebäudeversicherungen 2017; Lukic und Forster (2017); diverse Netzzustandsberichte Schienenverkehr; Schalcher et al. (2011); Hoffmann et al. (2014).
Jakarta versinkt – Indonesien verlegt Hauptstadt
Im Sommer 2019 kündigte die indonesische Regierung an, die Hauptstadt Jakarta 2024 in die Provinz Ostkalimantan auf der Insel Borneo zu verlegen. Das indonesische Parlament beschloss im Januar 2022 den Umzug der Stadt. Die neue Hauptstadt soll den Namen Nusantara tragen und auf bisher bewaldeten staats eigenen Flächen der Regierungsbezirke Penajam Paser Utara und Kutai Kartanegara nahe den Städten Balikpapan und Samarinda entstehen. Ein Grund für die Verlegung ist das Absinken des Bodens in Jakarta von stellenweise bis zu 25 Zentimeter pro Jahr.
Redaktion
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9. März 2022
Die Megacity Jakarta versinkt und droht unterzugehen. Derzeit liegen schon 20 Prozent der Metropole unter dem Meeresspiegel. Das Bandung Institute of Technology prognostiziert, dass es bis 2050 zwischen 35 und 40 Prozent sein werden. Am schlimmsten ist die Situation in den Küstenvierteln in Jakartas Norden, wo die ärmsten Einwohner der Stadt wohnen.
Deshalb soll Indonesien eine neue Hauptstadt erhalten – fernab der langsam im Meer versinkenden Megametropole. Noch ist das Gebiet auf Borneo, wo das neue Verwaltungszentrum entstehen soll, vom Dschungel bedeckt.
Aber nachdem das Parlament Mitte Januar 2022 den Umzug genehmigt hat, kann der Startschuss für die Bauarbeiten in der Provinz Ostkalimantan fallen. Einen Namen hat die künftige Hauptstadt jetzt auch: Nusantara – ein altjavanisches Wort, das «äussere Inseln» bedeutet und im täglichen Sprachgebrauch als Synonym für den indonesischen Archipel verwendet wird. Schon 2024 sollen die ersten Behörden verlegt werden.
Die Gründe für die von Präsident Joko Widodo vorangetriebenen Pläne sind vielschichtig. Denn das dicht besiedelte Jakarta mit seinen 11 Millionen Einwohnern (und sogar mehr als 32 Millionen in seiner Metropolregion) ist nicht nur das Wirtschaftszentrum der aufstrebenden Regionalmacht Indonesien, sondern leidet gleichzeitig unter massiven Problemen.
Jakarta versinkt
Aber warum versinkt Jakarta? Da ist zum Beispiel der tägliche Verkehrskollaps. Auto fahrer verbringen in der Stadt durchschnittlich 22 Tage im Jahr im Stau, wie 2019 eine Studie ergab – das Jahr, in dem die Regierung die Umzugspläne erstmals öffentlich machte. Das ist der Luft nicht gerade zuträglich. Oft liegt ein Schleier aus giftigem Smog über Jakarta. Vor einigen Jahren haben Einwohner deshalb bereits die Regierung verklagt und schliesslich sogar recht bekommen.
Der wohl wichtigste Grund für den Umzug ist aber die Tatsache, dass gemäss verschiedenen Schätzungen bereits zwischen 20 und 40 Prozent von Jakarta unter dem Meeresspiegel liegen und die Stadt langsam im Wasser versinkt. Bis 2050 könnte das gesamte Gebiet von Nordjakarta überflutet sein. «Nur wenige Orte stehen vor derartigen Herausforderungen wie die Metropolregion Jakarta», heisst es auf der Website des Earth Observatory der Nasa. Zeit also, sich nach einem Standort mit weniger Risikopotenzial umzusehen, und zwar schnell, denn Nusantara soll Staatspräsident Joko Widodos Vermächtnis werden, bevor in zwei Jahren seine zweite und letzte Amtszeit endet.
So soll der geplante Präsidentenpalast in der neuen indonesischen Hauptstadt Nusantara auf der Insel Borneo dereinst aussehen (Instagram).Ein Projekt von Indonesiens Präsident Joko «Jokowi» Widodo. Im Dschungel von Borneo soll die neue Hauptstadt Indonesiens entstehen – möglichst ökologisch, mit autonomem öffen tlichem Verkehr (thejakarta post.com).
«Sie haben nie mit uns gesprochen»
Aber nicht überall herrscht Enthusiasmus. Die Bewohner der Gegend, in der Nusantara entstehen soll, betrachten das Projekt mit Sorge und fürchten um ihr Farmland und ihren Lebensunterhalt. «Unsere Sorge ist, dass wir das Land verlieren, das wir seit Generationen bewirtschaften. Sie haben nie mit uns gesprochen», sagte Sibukdin, ein Stammesführer aus dem Bezirk Sepaku, wo Teile der künftigen Hauptstadt gebaut werden sollen. Um Nusantara aus der Erde zu stampfen, werden in der ersten Bauphase 6000 Hektar Dschungel zwischen den Städten Balikpapan und Samarinda weitgehend gerodet. Insgesamt soll sich die Stadt aber irgendwann über mehr als 250 000 Hektar erstrecken. Zu Beginn soll etwa eine Million Menschen in das neue Verwaltungszentrum ziehen, vor allem Beamte, Militärs und Sicherheitskräfte. Die Kosten für das imposante Unternehmen: mehr als 32 Milliarden Dollar (28 Milliarden Euro).
Indonesiens neue Hauptstadt: Grün, smart, modern
Allerdings plant die Regierung keineswegs eine Betonwüste, sondern eine ebenso grüne wie smarte City, in der sich die Probleme Jakartas nicht wiederholen. Auf den Strassen werden laut dem Konzept nur noch Elektrofahrzeuge erlaubt sein, und auch sonst wird Nusantara mit modernsten Technologien glänzen. Der Entwurf des Präsidentenpalastes stammt vom renommierten balinesischen Künstler I Nyoman Nuarta, der kürzlich das ebenso futuristische wie naturverbundene Design des Prunkbaus auf Instagram postete.
Zudem ist die Region laut den Behörden relativ sicher vor Naturkatastrophen wie Überschwemmungen, Erdbeben, Tsunamis und Vulkanausbrüchen. In Indonesien einen solchen Ort zu finden, ist eher eine Seltenheit, liegt das Land doch am Pazifischen Feuerring mit seinen vielen gefährlichen Vulkanen. Nusantara ist dabei nicht die erste künstlich kreierte Hauptstadt – man denke an Canberra in Australien, Abuja in Nigeria oder Naypyidaw in Myanmar.
Gerechter in die Zukunft?
Die Regierung hofft, mit dem Projekt zahlreiche Investoren anzulocken und künftig überdies auf Borneo und nicht nur auf der Hauptinsel Java das Wirtschaftswachstum Indonesiens anzukurbeln. Die Entwicklung des grössten Inselstaates der Welt mit 270 Millionen Einwohnern solle so gerechter und ausgewogener werden, sagte Rawanda Wandy Tuturoong aus dem Stab des Präsidenten.
Umweltschützer sehen das Vorhaben hingegen kritisch. «Die Regierung hätte ein Referendum dazu durchführen sollen», sagte Pradarma Rupang, Aktivist der Gruppe Mining Action Network aus Ostkalimantan. «Sie treiben das Projekt mit einer Eile voran, als ob unsere Nation auseinanderfallen würde, wenn wir die Hauptstadt nicht verlegten», monierte er. Aber um Nusantara mit Strom zu versorgen, würden – zumindest zu Beginn – fossile Brennstoffe gebraucht, vor allem Kohle. «Das wird zur Eröffnung riesiger Minen führen», sagte er warnend.
«Jokowi will Geschichte schreiben»
Der politische Analyst Hendry Satrio von der Paramadina University in Jakarta ist überzeugt, dass Präsident Joko Widodo vor allem persönliche Ambitionen treiben. «Jokowi (der Spitzname des Regierungschefs) will Geschichte schreiben», sagte er. «Er hofft, dass das sein bleibendes Erbe wird.» Dabei brauchten viele indonesische Städte im Zuge der Coronapandemie Hilfe, sagte Satrio. «In der derzeitigen wirtschaftlichen Krise eine neue Stadt zu bauen, sollte die letzte unserer Prioritäten sein.»
Branche Bau ist Wirtschaftsstütze
Das Bruttoinlandsprodukt misst die Wirtschaftsleistung eines Landes. Die Schweiz schöpft etwa 700 Milliarden Franken pro Jahr. Davon stammen rund 10 Prozent vom Baugewerbe. Im Jahr 2019 ist der Beitrag der Baubranche leicht auf 9,1 Prozent gesunken, er hat sich aber 2020 bereits wieder etwas erholt. Von Kanton zu Kanton variiert der Anteil erheblich.
Redaktion
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9. März 2022
Die jüngsten kantonalen Daten stammen aus dem Jahr 2019. In 18 der 26 Kantone liegt der Beitrag der Baubranche zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) über dem Landesdurchschnitt. Spitzenreiter ist 2019 Uri, jeder fünfte erwirtschaftete Franken stammt aus der Baubranche. Gerade in der Innerschweiz, in der Ostschweiz, in Teilen der Romandie und in den Bergkantonen hat die Bau branche eine überdurchschnittliche wirtschaftliche Bedeutung. Den tiefsten Wert verzeichnet 2019 Neuchâtel mit 4,5 Prozent. Zug mit 5,0 Prozent oder Basel-Stadt und Schaffhausen mit 5,2 Prozent zeigen mehr Baupotenzial auf.
Viele Jobs in der Region dank Baubranche
Neben dem Beitrag zum BIP wird die Bedeutung einer Branche daran gemessen, wie viele Arbeitsplätze sie schafft. Auch aus dieser Warte ist die Baubranche von Belang. 8 Prozent aller Beschäftigten in der Schweiz arbeiten für die Bau branche. Analog zum BIP ist die Baubranche als Arbeitgeber besonders in den Bergkantonen sowie in der Ostund der Mittelschweiz gefragt. Obwalden und Appenzell Innerrhoden stehen an der Spitze mit über 13 Prozent aller Beschäftigten. Grossstädte hingegen bieten vor allem Jobs im Dienstleistungsbereich. In den zugehörigen Kantonen ist der Anteil der Beschäftigten in der Baubranche entsprechend tiefer.
Baubranche in 21 der 26 Kantone unter den Top 5 der Arbeitgeber
Im landesweiten Vergleich ist die Baubranche der fünftgrösste Arbeitgeber von allen 19 Branchen. Zu den anderen Branchen gehören das Gastgewerbe, das Gesundheits-und Sozialwesen, die Information und die Kommunikation usw. Zur besseren Einordnung dieser Prozentangaben ist ein Vergleich mit anderen Branchen hilfreich. Die Schweiz unterscheidet 19 Wirtschaftszweige, die Baubranche ist eine davon. In nahezu allen Kantonen sind das verarbeitende Gewerbe, der Handel sowie das Gesundheits-und Sozialwesen die grössten Arbeitgeber. In der Mehrheit der Kantone gehört die Baubranche zu den Top-4-Arbeitgebern, in sechs Kantonen sogar zu den Top 3. In Appenzell Innerrhoden, Graubünden, Obwalden und Uri holt sie sich die Silbermedaille, in Glarus und Schwyz den ehrenwerten dritten Platz. In allen Kantonen ist das Baugewerbe unter den Top 10. Im Vergleich zu den Jahren davor ist die relative Bedeutung der Baubranche zwar leicht gesunken, was mit dem Rückgang der Bauausgaben zusammenhängen dürfte. Aber bereits 2020 sollte die Baubranche wieder ihren angestammten Platz unter den besten Arbeitgebern zurückerobert haben.
Bauhauptgewerbe zahlt hohe Löhne – in jeder Region
Immer wieder behaupten Gewerkschaften, dass der Medianlohn in der Schweiz höher liege als der Durchschnittslohn im Bauhauptgewerbe, den der SBV ausweist. Das ist aber falsch, weil Äpfel mit Birnen verglichen werden. Die Gewerkschaften berufen sich auf Lohndaten des Bundesamts für Statistik (BFS). Das BFS inkludiert in seiner Definition des Lohns Zuschläge, Sozialleistungen der Arbeitnehmer sowie den Anteil am 13. Monatslohn – der SBV hingegen nicht.
Für einen zulässigen Vergleich in der hiesigen Tabelle hat der SBV deshalb seine Daten an die Definition des BFS angeglichen. Erstens wurde der Anteil des 13. Monatslohns inkludiert. Zweitens wurde die vom Gesamtarbeitsvertrag garantierte Mittagsentschädigung von 16 Franken je Arbeitstag addiert. Für andere Zuschläge wie zum Beispiel Überstunden oder Wochenendarbeit stehen leider keine Daten zur Verfügung. Drittens wurden die Sozialabgaben der Arbeitnehmer wie etwa AHV und Arbeitslosenversicherung addiert. Dieser Posten enthält ebenfalls die alters-und lohnspezifischen BVG-Lohnbeiträge.
In der Region Espace Mittelland beispielsweise liegt der Medianlohn für alle Branchen bei 6511 Franken im Monat. Medianlohn bedeutet, dass die eine Hälfte der Beschäftigten weniger als diesen Lohn erhält, die andere Hälfte mehr. Im Bauhauptgewerbe hingegen liegt der Medianlohn bei 7301 Franken in der Region. Ein deutliches Plus von rund 800 Franken im Monat.
Das Bauhauptgewerbe zahlt in jeder Region der Schweiz sehr gute Löhne. Das Bauhauptgewerbe erhöht insbesondere die Löhne am unteren Ende der Einkommensskala, womit die Branche ebenfalls sehr wichtig für die soziale Integration ist.
BauAV 2022 – was ist neu?
Ab 1. Januar 2022 gilt die neue Bauarbeitenverordnung (BauAV), die von den Sozialpartnern aus der Baubranche, des Bundes, der Kantone und der Suva gemeinsam umfassend überarbeitet wurde. Sie hat Auswirkungen auf das gesamte Bauwesen in der Schweiz und betrifft damit über 70’000 Betriebe direkt. Auf den folgenden zwei Seiten sind die wichtigsten Neuerungen aufgeführt.
Redaktion
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8. März 2022
Der Bundesrat hat die neue Fassung der Bauarbeitenverordnung (BauAV) am 18. Juni 2021 verabschiedet. Sie ist am 1. Januar 2022 in Kraft getreten. Die Überarbeitung der BauAV ist ein Gemeinschaftswerk der Sozialpartner aus der Baubranche, des Bundes, der Kantone und der Suva. Sie hat Auswirkungen auf das gesamte Bauwesen in der Schweiz. Insgesamt sind über 70’000 Betriebe direkt betroffen.
Neue Bestimmungen in der Bauarbeitenverordnung 2022
Drei Punkte sind besonders zu beachten:
• Sicherheits-und Gesundheitsschutzkonzept: Schon die aktuelle Bauarbeitenverordnung verlangt, dass Bauarbeiten so zu planen sind, dass das Risiko von Berufsunfällen und Berufskrankheiten oder Gesundheitsbeeinträchtigungen möglichst klein ist. Neu ist dies nach der Bauarbeitenverordnung 2022 auch mit einem Sicherheits-und Gesundheitsschutzkonzept schriftlich zu dokumentieren (Art. 4).
• Sonne, Hitze und Kälte: Bei Arbeiten bei Sonne, Hitze und Kälte sind die erforderlichen Massnahmen zum Schutz der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu treffen (Art. 37).
• Beleuchtung: Arbeitsplätze und Verkehrswege müssen ausreichend beleuchtet sein (Art. 38).
Mehr Informationen zur neuen BauAV ab 01.01.2022: suva.ch/de-CH/material/Factsheets/neue-bauav-2022.
Für alle Bauarbeiten
Die wichtigsten Änderungen im zweiten Kapitel der BauAV:
• Das Arbeiten auf Leitern wird eingeschränkt (Art. 21).
• Der Begriff «beschränkt durchbruchsicher» entfällt (Art. 12, 44, 45).
• Der Geländerholm des Seitenschutzes muss mindestens 100 Zentimeter über der Standfläche liegen (Art. 22).
• Bei Niveauunterschieden von mehr als 50 Zentimeter sind geeignete Arbeitsmittel einzusetzen, um sie zu überwinden (Art. 15).
• Bei der Montage von vorgefertigten Deckenelementen sind ab einer Absturzhöhe von mehr als drei Meter vollflächig Auffangnetze oder Fanggerüste zu verwenden (Art. 27).
• Im Gefahrenbereich von Transportfahrzeugen oder Baumaschinen dürfen sich keine Personen aufhalten. Kann dies nicht ausgeschlossen werden, ist der Gefahrenbereich zu überwachen (Art. 19).
• Der Arbeitgeber muss seine betroffenen Mitarbeitenden über die Ergebnisse von Schadstoffgutachten informieren (Art. 32).
Für Arbeiten auf Dächern
Die wichtigsten Änderungen im dritten Kapitel der BauAV:
• An Dachrändern sind ab einer Absturzhöhe von mehr als zwei Meter Massnahmen zu treffen, um Abstürze zu verhindern (Art. 41). Eine Ausnahme gilt für Arbeiten von geringem Umfang. Für diese sind Massnahmen erst ab einer Absturzhöhe von mehr als drei Meter erforderlich (Art. 46).
• Eine Dachdeckerschutzwand am Spenglergang des Fassadengerüsts ist ab einer Dachneigung von 30 Grad erforderlich (Art. 41 Abs. 2).
• Bei einer Dachneigung von mehr als 45 Grad sind zusätzliche Schutzmassnahmen zu treffen. (Art. 41 Abs. 2) • Eine Dachfangwand darf für Arbeiten auf bestehenden Dächern nur noch bis zu einer Dachneigung von 45 Grad eingesetzt werden (Art. 42).
Die Meldepflicht für anerkannte Asbestsanierungsunternehmen wurde ausgeweitet.
Für den Gerüstbau
Die wichtigsten Änderungen im vierten Kapitel der BauAV:
• Für Ein-und Anbauten am Gerüst ist beim Gerüstersteller eine Einwilligung einzuholen (Art. 52).
• Fassadengerüste aus vertikal tragenden Holzstangen sind verboten (Art. 54).
• Durchstiegsbeläge dürfen nur noch in Ausnahmefällen verwendet werden. Diese Ausnahmen sind in der Bauarbeitenverordnung 2022 definiert (Art. 56).
• Die Höhe zwischen zwei Gerüstgängen muss mindestens 1,90 Meter messen (Art. 57).
• Die Dachdeckerschutzwand ist über die gesamte Höhe einheitlich auszubilden (Art. 59).
• Die Nutzlast muss neu bei jedem Zugang und bei jedem Materialpodest gut sichtbar angegeben werden (Art. 62).
• Bereiche von Arbeitsgerüsten, die zur Benutzung nicht freigegeben sind, müssen abgesperrt werden (Art. 63).
• Die Absturzhöhe in ein Auffangnetz darf maximal drei Meter betragen (Art. 67).
• Die Absturzhöhe in ein Fanggerüst darf maximal zwei Meter betragen (Art. 66).
• Liegt der Seitenschutz bei einem Fassadengerüst näher als 60 Zentimeter zur Absturzkante, muss der oberste Holm des Seitenschutzes die Absturzkante um mindestens 100 Zentimeter überragen (Art. 26 Abs. 2).
Für Gräben, Schächte und Baugruben
Die wichtigsten Änderungen im fünften Kapitel der BauAV:
• Neu ist bei Böschungen bereits ab einer Neigung steiler als 2:1 ein Sicherheitsnachweis zu erbringen (Art. 76 Abs. 1).
• Der Sicherheitsnachweis hat durch einen Geotechniker oder eine Geotechnikerin beziehungsweise durch einen Fachingenieur oder eine Fachingenieurin zu erfolgen (Art. 76 Abs. 1).
• Der Arbeitgeber muss dafür sorgen, dass der Geotechniker oder die Geotechnikerin beziehungsweise der Fachingenieur oder die Fachingenieurin die korrekte Umsetzung der Massnahmen gemäss Sicherheitsnachweis überprüft (Art. 76 Abs. 2).
• Die erforderliche Grabenbreite wird abhängig vom Innenrohrdurchmesser der Leitung definiert (Art. 69 Abs. 3).
• Der Zugang in Gräben, Schächte und Baugruben mit Leitern wird eingeschränkt (Art. 73).
Für Rückbau-und Abbrucharbeiten
Die wichtigsten Änderungen im sechsten Kapitel der BauAV:
• Die Meldepflicht für anerkannte Asbestsanierungsunternehmen wurde ausgeweitet (Art. 86).
• Spezialistinnen und Spezialisten für Asbestsanierungen müssen in Abständen von höchstens fünf Jahren eine Fortbildung besuchen (Art. 85).
• Anerkannte Asbestsanierungsunternehmen müssen eigene Spezialistinnen und Spezialisten für Asbestsanierungsarbeiten beschäftigen. Zudem müssen sie mindestens zwei weitere eigene Mitarbeitende beschäftigen, die für diese Arbeit instruiert und bei der Suva zur medizinischen Vorsorgeuntersuchung gemeldet sind (Art. 83).
Industrie auf Ökopfaden
Die erfolgreichen Schweizer Hersteller und Entwickler von Haushaltsgeräten und Hightech Produkten schaffen auf ihrem Areal ein urbanes Zentrum für Innovation. Ihr «Tech Cluster» soll die Stadt Zug für Dienstleistung und Gewerbe noch attraktiver machen.
Redaktion
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5. März 2022
Recycling-Aufbereitungsanlage Arge «EvoREC» in Oberdorf (Holcim).Karbonatisierung: Die mit Betongranulat gefüllten Reaktorcontainer werden an das CO2-Gassystem von Neustark angeschlossen (Holcim).
Aus der im Jahr 1913 gegründeten Verzinkerei Zug entstand das heute international bekannte Unternehmen für Haushaltsgeräte V-Zug AG mit über 1000 Mitarbeitenden am Hauptsitz in Zug. Noch früher, im Jahr 1887 wurde die Metallwarenfabrik in Zug gegründet, die im Jahr 1913 die Verzinkerei Zug gründete. Die Metallwarenfabrik entwickelte sich zum heutigen Hightech-Unternehmen Metall Zug mit über 3000 Mitarbeitenden.
Diese erfolgreichen Schweizer Unternehmen investieren nun in ihren Standort und lassen auf ihrem Firmengelände ein zeitgemässes Produktions-und Verwaltungszentrum errichten, den Tech Cluster Zug. Geplant sind acht Baufelder mit Neubauten, die jedoch nicht «auf der grünen Wiese» entstehen, sondern auf dem bestehenden Areal. In dieser Neuüberbauung sollen Industrieunternehmen, Start-ups, technische Schulen sowie kleinere Dienstleistungsund Gewerbefirmen angesiedelt werden. Hinzu kommen städtische Nutzungen inklusive betriebsnahes Wohnen.
Ziel des neuen Tech Clusters ist ein Ökosystem von innovativen Technologien und Dienstleistungen. Die zukünftigen Nutzer sollen Megathemen wie Cleantech-Simulationstechnik und Sensorik aufnehmen und/ oder mit den Kernkompetenzen der Metall Zug verwandt sein (Gebäudetechnik, Küche, Nahrungsmittel, Reinigung).
Der Tech Cluster Zug wird mit maximaler Effizienz und modernster Ökologie umgesetzt. So soll die benötigte Kälte bzw. Wärme aus dem Grundwasser erzeugt werden. Gemeinsame Dienstleistungen optimieren die operative Effizienz und fördern den Austausch, ein Hochleistungsglasfasernetz und die Cloud setzen höchste Standards in der Datenverarbeitung, ein intelligentes Mobilitäts-und Parksystem sowie Andockmöglichkeiten an die Logistik von V-Zug schaffen zukunftsfähige Lösungen im urbanen Raum und die flächendeckende Photovoltaik wird den Multi-Energie-Hub in Richtung CO2-Neutralität bringen.
Schweizweit grösstes Bauprojekt mit klimafreundlichem Beton
Am 17. November 2021 starteten die Bauarbeiten für ein erstes der zukunftsweisenden Projekte, das «Zephyr Ost» im Tech Cluster Zug. Für das Innovationsprojekt setzt die V-Zug Infra AG auf den hochwertigen Recyclingbeton «EvopactRECARB» welcher ein Produkt der Holcim (Schweiz) AG und ein innovatives Verfahren des ETHSpinoff Neustark ist. Dieses entnimmt das CO2 aus der Abwasserreinigungsanlage der Ara Region Bern AG und speichert es dauerhaft im Recyclingbeton. Das Bauunternehmen Marti Zentralschweiz verarbeitet den klimafreundlichen Beton zu einem viergeschossigen Rohbau. Mit dem Einsatz von 4200 Kubikmeter Recyclingbeton und der CO2-Bindung wird im Vergleich zu einer konventionellen Bauweise insgesamt eine Einsparung von 71 Tonnen CO2 erreicht. Das entspricht ungefähr der jährlichen CO2-Aufnahme von 3500 Schweizer Tannen.
Der Neubau «Zephyr Ost» wird dem Unternehmen V-Zug ab 2023 als neues Produktions-und Montagegebäude dienen. Das Bauvorhaben im Tech Cluster Zug ist das bislang grösste Bauprojekt, bei dem CO2-angereicherter Beton zum Einsatz kommt. Dazu wird zum ersten Mal CO2 aus der Schweiz eingesetzt, das Neustark aus der Abwasserreinigungsanlage der Ara Region Bern AG gewinnt.
Nebst der CO2-Bindung forderte die Bauherrschaft auch den Einsatz von hochwertigem Recyclingbeton. René Kühne, Projektleiter bei Marti Zentralschweiz, ist überzeugt: «Der Recyclingbeton eignet sich ideal für dieses Projekt und lässt auch bei der Verarbeitung keine Wünsche offen.» Das Unternehmen V-Zug setzt gleichzeitig auf eine effiziente Nutzung von Beton.
Christoph Graf, Projektleiter von «Zephyr Ost» bei Tech Cluster Zug AG, erklärt: «Beispielsweise wurden die Deckensysteme hinsichtlich des Materialverbrauchs optimiert; dazu sind Hohlkörperdecken an Stellen mit geringer statischer Beanspruchung geplant.»
CO2-angereicherter Recyclingbeton mit kurzen Transportwegen
Hergestellt und geliefert wird der Recyclingbeton «EvopactRECARB» von Holcim. Mittels modernster Technologien wird dafür regionales mineralisches Rückbaumaterial zu hochwertigen Sekundärrohstoffen aufbereitet, die bei der Zement-und Betonproduktion wieder in den Baustoffkreislauf einfliessen.
So besteht der Recyclingbeton aus dem ressourcenschonenden Zement Susteno, der aufbereitetes Mischgranulat als weiteren Hauptbestandteil für eine Klinkerreduktion enthält sowie rezyklierter Gesteinskörnung als Ersatz für natürliche Gesteinskörnung. Die Verwendung von diesem Recyclingbeton mit Susteno spart 50 Tonnen CO2 ein. Die verbleibenden 21 Tonnen werden durch die Karbonatisierung eingespart.
Die rezyklierte Gesteinskörnung wird in der Recycling-Aufbereitungsanlage Arge «EvoREC» in Oberdorf zu Granulat für die lokale Betonproduktion aufbereitet. Anschliessend wird das Granulat mit dem Trockenverfahren von Neustark karbonatisiert. Im Holcim-Betonwerk in Cham, das nur fünf Kilometer von der Baustelle entfernt ist, wird die CO2-angereicherte Gesteinskörnung zu Frischbeton verarbeitet und anschliessend nach Zug geliefert.
Visualisierung von Zephyr Ost (Diener & Diener Architekten).
Freies Formen ohne Grenzen
Das 3D-Druckverfahren High Speed Sintering HSS braucht den Vergleich mit der HP-3D-Drucktechnologie Multi Jet Fusion nicht zu fürchten. Dieser Artikel zeigt die Vorteile des HSS-Verfahrens für Industrie und Gewerbe auf, vom Gestaltungselement bis zum Funktionsteil und für frei geformte Betonschalungen.
Redaktion
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4. März 2022
Das Unternehmen Hewlett-Packard HP ist ohne Zweifel einer der führenden Drucker- hersteller weltweit. Mit einem breiten Er- fahrungsschatz für Tintenstrahltechnik ist es wenig verwunderlich, dass sich HP im Jahr 2017 dazu entschloss, mit seiner Technologie Multi Jet Fusion MJF in das 3D-Druck-Geschäft einzusteigen. Heute finden 3D-gedruckte Multi-Jet-Fusion-Teile (gedruckt in PA12) dank ihrer guten Hitze- beständigkeit und mechanischen Belast- barkeit in einer Vielzahl von Bereichen An- wendung. Darunter der Automobilbau, Maschinenbau, die Sport- und Freizeit- industrie.
Beim MJF-Verfahren wird mittels eines Druckkopfs eine strahlungsabsorbierende Tinte in ein weisses Pulverbett, beispiels- weise aus Polyamid 12, PA12, eingetragen. Nicht zu bedruckende Flächen werden da- gegen mit einem zweiten Druckfluid, einem Detailing-Agent, abgekühlt. Dabei arbeitet der Drucker schichtbasiert nach einem di- gitalen CAD-Datensatz. Nach dem Bedrucken des Pulverbetts wird in dieses nach jeder Schicht mit einer Infra- rotlampe Energie eingetragen. Die schwarz eingefärbten Teilbereiche des Pulverbetts absorbieren mehr Energie und verschmel- zen, während das weisse Pulver, dank des Detailing-Agents, unverschmolzen bleibt. Diese Prozessreihenfolge wiederholt sich, bis das gesamte Bauvolumen der Jobbox gefüllt und die benötigten Bauteile innerhalb des Pulverbettes fertig gedruckt sind.
Vorteile der Voxeljet VX1000 HSS
Die Technologie Polymer High Speed Sin- tering HSS von Voxeljet unterscheidet sich in der Methode nur bedingt vom Verfahren Multi Jet Fusion. Auch beim HSS wird über einen Druckkopf ein Energieabsorber in ein weisses Pulverbett eingetragen, worin ebenfalls (Infrarot-)IR-Energie eingebracht wird.
Beim Bau des Hauptsitzes der Sächsischen Aufbaubank in Leipzig: Die Schalen aus dem Binder-Jetting-3DDruck von Voxeljet passten präzise mit den CNC-zugeschnittenen Xlife-Platten des Schalungsanbieters Doka zusammenKunst am Stein in UHPC vor dem Verwaltungsgebäude in Friedberg. Der 3D-Druckerhersteller Voxeljet hat die Horizonte des traditionellen Gusses erweitert.
Genau wie beim MJF-Verfahren verschmelzen die gefärbten Teilbereiche des Pulverbetts, währenddessen unbedrucktes Pulver lose bleibt. Ein zweites kühlendes Fluid ist beim HSS nicht notwendig, da mittels zweier verschiedener IR-Strahler unterschiedlicher Wellenlänge mit Absorber bedrucktes und unbedrucktes Pulvermaterial unabhängig voneinander in ihrer Temperatur geregelt werden können. Das unbedruckte Pulver kann genau wie bei MJF recycled, aufbereitet und erneut in den Prozesskreislauf eingespeist werden. Was die Bauteilqualität und auch die Anwendungsmöglichkeiten angeht, steht die HSS-Technologie dem Multi Jet Fusion in nichts hinterher. Jedoch ist die Voxeljet VX1000 HSS durch ihre Grösse industrietauglicher und günstiger in den Verbrauchskosten als die aktuellen Drucker von HP, wodurch sich die Kosten pro Teil deutlich verringern. Darüber hinaus erlaubt Voxeljet seinen Kunden, uneingeschränkt ihre eigenen Materialien zu verwenden und gewährt Endanwendern vollen Zugang zu den Druckparametern, um die Produktion für das jeweilige Material und die jeweilige Anwendung zu optimieren. Dieser Vorteil kommt insbesondere bei grossvolumigen Bauteilen oder Losgrössen für die Serienproduktion zum Tragen. So können auch HSS-gedruckte Bauteile in Industriezweigen aller Art wie in der Architektur, im Automobilbau und in der Sportindustrie, eingesetzt werden.
Kosteneffizient zur komplexen Betonschalung
Ressourceneffizienz, Nachhaltigkeit und Digitalisierung leiten ein neues Denken in der Bauindustrie ein. Voxeljet Additive Manufacturing bietet dabei effiziente datengetriebene Produktionstechniken, die sich nahtlos in die durchgängige digitale Datenkette des Building Information Model BIM einfügen – und das über alle Phasen des Produktlebenszyklus. Vom schnellen 3D Druck von Architekturmodellen über Funktionsmodelle bis hin zur Herstellung von grossformatigen komplexen Betonschalungen.
So können mit der Voxeljet-3D-Technologie bis 21 Millimeter dünne Schalhäute in 3D gedruckt und mit konventionellen Schalungssystemen kombiniert werden. Das hybride Produktionsverfahren bietet einzigartige Gestaltungsfreiräume bei maximaler Wirtschaftlichkeit und Präzision. Krümmungen, detailreiche, strukturierte Fassaden oder Hinterschneidungen lassen sich auf einfache Weise realisieren.
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