Bemessung von Verankerungen in Beton
Mit dem nicht-linearen Federmodell lässt sich der Widerstand einer Dübelgruppe unter Berücksichtigung der Ankerplattengeometrien und Ankeranordnungen sowie der vorhandenen Steifigkeit der Ankerplatten und einzelnen Dübel realitätsnah berechnen.
Das nicht-lineare Federmodell setzt dort an, wo aktuelle Normen und Richtlinien bei der Bemessung von zugbeanspruch-ten Befestigungen in Beton auf Basis des Concrete-Capacity-Verfahrens (CC-Ver-fahren) an ihre Grenzen stossen. Ein-schränkungen zur Anwendung der Kon-zepte liegen beispielsweise bei den Ankerplattengeometrien vor. So decken die europäische Norm EN 1992-4 und ihr amerikanisches Pendant, ACI 318, nur rechteckige Dübelanordnungen für bis zu neun Dübel mit maximal 3×3-Konfigura-tion ab. Zudem wird in den Vorschriften eine ausreichend steife Ankerplatte ge-fordert. Dies ist Voraussetzung, um mit dem Ansatz einer linearen Dehnungsver-teilung die interne Kraftverteilung einer Dübelgruppe zu ermitteln, wobei zusätz-lich Hebelkräfte berücksichtigt werden. Zur Bestimmung der steifen Ankerplatte fehlen jedoch Definitionen und Regelun-gen in den Vorschriften.

Unterschiedliche Befestigungslösungen
In der Baupraxis weichen die Anforderun-gen und jeweils passenden Befestigungs-lösungen oft von der Bemessung ab, wel-che die aktuellen Vorschriften abdecken. Ein möglicher Problemlöser ist das nicht-lineare Federmodell, mit dem sich das gesamte nicht-lineare Verhalten von Befestigungen berücksichtigen lässt. Die neue Berechnungsmethode ermöglicht, Verformungen und Spannungen in Anker-platten unter Krafteinfluss zu berechnen. Zugleich lässt sich die Lastverteilung be-ziehungsweise Umlagerung zwischen den einzelnen Ankern innerhalb einer Gruppe bestimmen. Die Überprüfung einer ausreichenden Ankerplattensteifigkeit ist nicht mehr nötig. Denn das Modell ermit-telt automatisch den Widerstand der Gruppe unter Berücksichtigung der vor-handenen Ankerplatten-und Dübelstei-figkeit.
Mit dem Performance-basierten (ver-schiebungsbasierten) Konzept werden somit zusätzlich zu den übertragbaren Kräften Verschiebungen und Verformun-gen bei einer Verankerung unter Kraft-einfluss in die Berechnung miteinbezo-gen. Bemessungsregeln in Bezug auf Dübelkonfiguration, Ankerplattendicke sowie Belastung werden bei der Me-thode realitätsnah berücksichtigt.
Im Ergebnis wird mit dem Federmodell eine bessere Beurteilung des Gesamt-systems erzielt, als wenn sich die Be-rechnungen nur auf die Tragfähigkeiten beziehen.
Zug-und Druckkräfte richtig nutzen
Ausgangspunkt ist die Annahme, dass innerhalb einer Gruppenbefestigung die Zugkräfte von den Befestigungsmitteln aufgenommen werden, während die Druckkräfte direkt durch das Anbau-teil in den Beton eingeleitet werden. Zur Bemessung wird der Federmodell-ansatz mit der FEM (Finite-Elemen-te-Methode) kombiniert. Die Ankerplatte und das angeschlossene Profil werden in finite Elemente unterteilt. Zug-be-ziehungsweise Druckfedern dienen zur Modellierung der Befestigungspunkte und des Ankerplattenkontakts mit dem Beton. Die Berechnung erfolgt durch die Verwendung der FEM. Dabei wird die Systematik projizierter Flächen auf Einzeldübel einer Gruppe angewendet und ihr individueller Einzelwiderstand be-trachtet. Berücksichtigt wird dabei auch der Einfluss des Bauteilrandes und der benachbarten Befestigungen. Um eine genaue Kraftverteilung zwischen den Ankern der Gruppe sowie Verformungen der Ankerplatte zu berücksichtigen, wird eine verschiebungskontrollierte nicht-li-neare Analyse durchgeführt. Ergebnis ist der realitätsnah berechnete Widerstand der Gruppenbefestigung in Form einer Lastverformungskurve. Der nicht-lineare Federmodellansatz wurde im Rahmen der Dissertation von Boglárka Bokor an der Universität Stuttgart entwickelt und veri-fiziert (erscheint 2021), die bei der Unter-nehmensgruppe Fischer als Seniorexpertin im Kompetenzteam Technologietransfer und Gremienarbeit arbeitet. ■