Zweischichtiger Aufbau mit Wasch-betonoberflächen

Bei der Projektierung und Ausführung von Kreiselbauwerken – sei es mit Beton-oder mit Asphaltbelag – stellen die durch zunehmende Verkehrs-belastung und den Schwerverkehr entstehenden enorm hohen Schubbe-anspruchungen besondere Herausforderungen dar.

Bei der Sanierung des Eigerplatzes in Bern wurde für den Kreiselneubau infolge des hohen Verkehrsauf- kommens und der Fahrbahnbelastungen mit stark schubbeanspruchten Zufahrten sowie der Integration von Tramgleisen als Baustoff Beton gewählt.
Bei der Sanierung des Eigerplatzes in Bern wurde für den Kreiselneubau infolge des hohen Verkehrsauf-kommens und der Fahrbahnbelastungen mit stark schubbeanspruchten Zufahrten sowie der Integration von Tramgleisen als Baustoff Beton gewählt.

Seit den 1980er-Jahren dienen in zu-nehmendem Masse Kreisel zur Verflüs-sigen des Verkehrs auf Kreuzungen. Der erste Kreisel der Schweiz wurde 1977 am Genfersee gebaut; in den 80er-Jahren trauten sich weitere Kan-tone, diese Lösung anzuwenden, wo-rauf dann ein richtiger Boom einsetzte. Die ersten Kreisel wurden mit Asphalt-belägen erstellt, doch die immer höhe-ren Verkehrsbelastungen mit schweren Fahrzeugen führten dazu, dass die Krei-sel vorwiegend in Beton erstellt werden. Die bauliche Anlage eines Kreisels wird meist durch gestalterische Elemente den jeweiligen städtebaulichen oder landschaftlichen Gegebenheiten ange-passt.

Eine Kreiselprojektierung stellt eine äusserst komplexe Aufgabe dar, wenn sie verschiedene Verkehrsträger und zahlreiche Werkleitungen zu berücksichtigen hat, wie hier am Beispiel Eigerplatz in Bern.
Eine Kreiselprojektierung stellt eine äusserst komplexe Aufgabe dar, wenn sie verschiedene Verkehrsträger und zahlreiche Werkleitungen zu berücksichtigen hat, wie hier am Beispiel Eigerplatz in Bern.

Erster Betonkreisel in Rümlang

Vor bald 20 Jahren wurde der erste Be-tonkreisel der Schweiz in Rümlang ZH erstellt. 2004 folgte der erste Aargauer Betonkreisel in Würenlingen, der aller-dings nur einschichtig ausgeführt war. Ein Jahrzehnt später startete der Kanton Uri den ersten Versuch, einen Betonkrei-sel zweischichtig mit einer Waschbeton-oberfläche zu bauen. 2015 wurde auch im Aargau der erste zweischichtige Be-tonkreisel mit einem Aufbau aus Kern-und Vorsatzbeton und einer Waschbeton-oberfläche erstellt. Dieses Konzept hat sich seither bewährt. Und neuerdings lau-fen Versuche im Kanton Aargau, um ul-trahochfesten Beton (UHFB) als Deck-schicht zu verwenden.

Forum über Bewegung im Kreisel

Die Planung eines Kreisels stellt hohe An-forderungen, denn die Realisierung muss vielfach unter Verkehr stattfinden. Inner-orts sind auch Fussgänger und Velos si-cher über die Baustelle zu führen, Werk-leitungen miteinzuplanen und manchmal auch die Nachtruhe zu berücksichtigen. Auf diese komplexen Probleme ging an-lässlich des Forums für Strassen 2021 Dr. Christian Angst, Leiter des Instituts für Materialprüfung, Bauberatung und Analytik (IMP), ein. An dieser virtuell durchgeführten Tagung stellte er einlei-tend fest: «Im Kreisel gibt es im doppel-ten Sinne Bewegung, denn nicht nur der Verkehr bewegt sich, sondern auch die Technologie!» Dazu ging Angst Fragen nach wie: Der Kreisel als Allerweltslösung, der immer und überall passt? Oder dem kritischen Beispiel von Mini-Kreisel mitten im Dorf. Wäre es manchmal nicht besser, doch eine Lichtsignalanlage zu bauen? Oder eine ganz einfache Kreuzung mit Rechtsvortritt? Weiter wies der IMP-Leiter auf «den alten Glaubenskrieg» weiss oder schwarz hin, der latent vorhanden ist, und stellte dazu die Fragen: «Welches ist die bessere, nachhaltigere Lösung? Welche Bauweise neigt zu hohen Kosten und langen Bauzeiten, wo entstehen Grif-figkeitsprobleme oder Belagsdeformatio-nen? Welche Rezepte taugen wirklich?» Da Strassen auch Leitungsträger sind (Strom, Telekommunikation, Gas, Trink-und Abwasser), liegt für die Projektierung von Kreiseln ein dreidimensionales Pro-blem vor; zudem müssen Verkehrsfluss und -sicherheit aller Beteiligten dauernd gewährleistet werden.

Weiter erläuterte am Forum Prof. Marion Dörfel, Berner Fachhochschule (BFH), Sinn und Zweck von Kreiseln und zeigte auch deren Grenzen auf. Die Vorteile lie-gen in der Reduktion der Konfliktpunkte, der Verlangsamung des Verkehrs, der ho-hen Leistungsfähigkeit sowie in der guten Erkennbarkeit und Übersichtlichkeit. Nach ihren Worten hat die Erfolgsge-schichte der Kreisel international zu grossen Anstrengungen geführt, um Pla-nungsgrundsätze und Anforderungen zu vereinheitlichen. Kreisel bieten auch Möglichkeiten für gestalterische Ele-mente, gerade am Dorfeingang. Und trotzdem: es gibt auch Fälle, bei denen eine herkömmliche Kreuzung sinnvoller ist.

Von den drei Kreiseln der neuen Nordzufahrt Baar–Zug wurde einer mit einem Belag aus schwarz eingefärbtem Beton ausgeführt – in farblicher Anpassung an die Zufahrten aus Asphalt. Insgesamt sind mit einem Fertiger in bloss drei Stunden 143 m3 Beton der Qualität SN 206-1 verbaut worden.
Von den drei Kreiseln der neuen Nordzufahrt Baar–Zug wurde einer mit einem Belag aus schwarz eingefärbtem Beton ausgeführt – in farblicher Anpassung an die Zufahrten aus Asphalt. Insgesamt sind mit einem Fertiger in bloss drei Stunden 143 m3 Beton der Qualität SN 206-1 verbaut worden.

Planung und Ausführung von Verkehrs-kreiseln ist komplex

Die Komplexität der Planung und Ausfüh-rung von Kreiseln, insbesondere beim Umbau bestehender Kreuzungen unter Verkehr, wurde an einem Beispiel von Xavier Robyr, Bauingenieur aus Sierre, aufgezeigt. Werkleitungen sind einzube-ziehen und allenfalls instand zu stellen, was das Problem dreidimensional macht. In kleinen Kreiselbauphasen höchsten Qualitätsansprüchen zu genügen, ist für die Bauunternehmung und den Baustoff-lieferanten oft eine Herausforderung. Man denke beispielsweise an den Einbau und die Verdichtung der Fundations-schicht in Mini-Etappen.

Neben den Bauarbeiten ist auch für eine permanente Zufahrt zu den Anstössern sowie einen flüssigen und sicheren Ver-kehrsfluss für Autos, Lastwagen, Velon und Fussgänger zu sorgen. In der Regel sind Veränderungen der Topografie, ins-besondere Quergefälle im Kreisel, erfor-derlich, was sich bis auf die Trinkwasser-leitungen auswirken kann, denn diese müssen aus Gründen des Frostschutzes in einer bestimmten Tiefe liegen.

Pionierkanton Aargau für Kreisel in Beton

Einblick in die Bauausführungs-und In-standhaltungspraxis von Betonkreiseln wurde am Forum Bau und Wissen in Wildegg während der Weiterbildung zur «Zustandserfassung und Schadenbe-wertung von Betonflächen» vermittelt. Rudolf Herger, für Planung und Ausfüh-rung der Sektion Erhaltungsmanagement der Abteilung Tiefbau des Kantons Aar-gau verantwortlich, erinnerte einleitend an erste Versuche vor 17 Jahren. «Inzwi-schen sind im Aargau rund 60 Kreisel in Beton ausgeführt worden. Dazu werden in diesem Jahr zehn Busplatten aus Be-ton realisiert», berichtete Herger und betonte: «Ein gutes Konzept und hohe Qualität bei der Ausführung von Kreiseln sind die Voraussetzungen, um eine lange Nutzungsdauer zu erreichen.»

Ausführungskonzept für Betonkreisel

Qualität erfordert präzises Arbeiten und deshalb mehr Arbeits-und Zeitauf-wand. Die Kreisel werden in genau vor-definierten Etappen erstellt. So werden zunächst die Innenplatten einer Kreisel-hälfte hergestellt. Im darauffolgenden Schritt werden die beiden Zufahrten an-gelegt, danach die zwei Ausfahrten. Das Prinzip wiederholt sich im Anschluss auf der gegenüberliegenden Kreiselhälfte. Als Kernbeton wird gemäss Norm SN EN 206-1 im Kreiselinnenring Beton der Druckfestigkeitsklasse 30/37 mit einem Grösstkorn von 32 mm eingesetzt. Der Vorsatzbeton entspricht der gleichen Druckfestigkeitsklasse, hat aber ein Grösstkorn von 8 mm. Die Betone müs-sen AAR-beständig sein und der Präven-tionsklasse P2 nach SIA-Merkblatt 2042 «Vorbeugung von Schäden durch Alka-li-Aggregat-Reaktion (AAR) bei Beton-bauten» entsprechen. Für die geforderte hohe Betonqualität erfolgt beim Einbau regelmässig eine Frischbetonprüfung direkt vor Ort.

Die Biegezugfestigkeit wird nach 48 Stunden und nochmals nach 28 Tagen kontrolliert. Dementsprechend hoch sind die Anforderungen an die Betonqualität, welche an die beiden vom Kanton Aarau ausgewählten Betonlieferanten gestellt werden.

Zweischichtiges Aufbaukonzept überzeugt

Eine Waschbetonoberfläche hat den Vor-teil, dass sie durch die vollständig gebro-chenen Körner im Vorsatzbeton griffiger und durch die weichere Konsistenz beim Einbau ebener ist und zudem lärmredu-zierend wirkt. Da der oberflächliche Bin-demittelleim entfernt wurde, wird gemäss dem Strassenbauexperten Herger eine höhere Qualität erzielt.

Mit dem neuen zweischichtigen Aufbau sind sehr gute Erfahrungen gemacht wor-den. «Die Kreisel werden auf Hauptver-kehrsrouten bevorzugt in Beton ausge-führt. Werden sie präzise erstellt, wird die höchste Haltbarkeit erreicht, und wir ha-ben damit auch die ökonomisch beste Lösung», so Herger.

Im Kanton Aargau wird im Strassenbau viel experimentiert, unter anderem gab es Tests mit vorfabrizierten Kreiselelemen-ten. Diese Tests sind momentan einge-stellt, denn weder das Gesamtkonzept noch die Logistik sind ausgereift. Hinzu kommt, dass die vorgefertigten kleinfor-matigen Platten zur Einbaustelle trans-portiert und mit dem Kran eingebaut wer-den müssen, wofür zusätzlicher Platz benötigt wird. Auch die Verbindung der Platten ist noch nicht gelöst. Am Forum Strasse 21 konnte der Unternehmer Daniel Hardegger von der Walo Bert-schinger AG aus seinem grossen Erfah-rungsschatz viele Hinweise zum Beton-belag im Kreisel vermitteln. Er betonte, dass die Wahl des Belages früh in der Projektphase getroffen werden sollte, da sie die Planung beeinflusst. Der Beton-belag kommt idealerweise auf einer As-phaltschicht zu liegen.

Materialpräferenzen im Blick über die Grenzen

Im benachbarten Ausland zeigt sich ein differenziertes Bild bezüglich der für Ver-kehrskreisel eingesetzten Baustoffe. Während in Belgien der Betonstrassen-bau traditionellerweise ein grösseres Ge-wicht hat, so liegt in Deutschland der An-teil der Betonkreisel immer noch deutlich unter 10%. Dies obwohl in den letzten Jahren deren Anzahl zugenommen hat. Auf den Einbau bituminöser Beläge im Kreisel ging am Strassenforum Philippe Chifflet, technischer Direktor von Colas Europa, ein. Er betonte, dass die engen Radien, der kanalisierte Verkehr sowie Brems-und Beschleunigungskräfte zu einer wesentlich höheren Beanspruchung der Fahrbahn führen als bei rollendem Verkehr. Hochstandfeste Asphaltbeläge in kleinen Etappen einzubauen, ist eine besondere Herausforderung. Daher soll-ten nicht nur möglichst grosse Einbau-etappen geplant werden, sondern auch temporäre Sperrungen nachts oder am Wochenende.

Einen Überblick über die Erfahrungen und Trends in Deutschland vermittelte Prof. Sivapatham Pahirangan, Bergische Universität Wuppertal. Demnach ist für die Asphaltdeckschichten ein spezieller, splittreicher Asphaltbeton AC D SP ent-wickelt worden. Mit dem Vorschlag, die Deckschichten in Kreiseln hell einzufär-ben, sollen Verformungen – dank niedri-geren Temperaturen – noch besser be-kämpft werden können. ■

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