Digitale Zusammen-arbeit von Bauingenieur und Baumeister
Die Zukunft der Baubranche ist digital: Planen, Bauen und Bewirtschaften werden mit der Bauwerkdatenmodellierung (BIM) digitalisiert. Der Neubau «Logistikzentrum Esseareal» der SBB in Winterthur gibt einen Einblick, wie die digitale Zusammenarbeit zwischen Bauingenieur und Baumeister funktioniert.

Die SBB als Treiber von BIM wollen die Methode bis 2025 etappenweise bei Immobilien und Bahninfrastruktur einfüh-ren. Die B3 Brühwiler AG mit diversen Standorten in der Deutschschweiz hat beim Projekt auf dem Esseareal die Ge-samtleitung des Generalplanerteams. Gebaut wird auf der Nordwestseite des Bahnhofs Winterthur ein oberirdisches, eingeschossig umschlossenes Gebäude für die Entsorgung des Gesamtbahnhofs und die Versorgung der Personenunter-führung Nord.
Optimale Voraussetzungen, um alle am Projekt Beteiligten einzubinden
Das rund 64 Meter lange Gebäude mit prägnanten, gekrümmten Betonwänden in Sichtbeton stellt hohe Anforderungen an Planung und Ausführung. Über diesem Baukörper realisiert die Stadt Winterthur ein Veloparking für rund 580 Velos. Die separat erschlossene, überdeckte Platt-form besteht aus einem Dach in Ortbe-ton, das von einem Kranz aus schlanken Betonstützen getragen wird. Diese Stüt-zen stehen auf den Aussenmauern und bilden mit dem darunterliegenden Sockel eine Einheit. Wie Bauingenieur David Brühwiler erklärt, wurden die bestehen-den Bauten mittels Laserscanning er-fasst. Basierend auf diesen Daten wurde das 3D-Modell erarbeitet und mit dem Neubauprojekt ergänzt. «Mit Allplan En-gineering, den beiden Tools Baugrube und Kanalisation sowie dem Austausch über die Open-BIM-Plattform Allplan Bimplus haben wir die idealen Vorausset-zungen, das Projekt in Bezug auf Kollisio-nen mit bestehenden Bauten sicher be-urteilen zu können und unsere weiteren am Projekt beteiligten Planer und Aus-führenden optimal einzubinden», berich-tet David Brühwiler.
Die Grundlagen für eine erfolgreiche Umsetzung «BIM to field»
«Mit jedem ausgeführten Projekt sam-meln wir Erfahrungen und Erkenntnisse für zukünftige Projekte», lautet die Aus-sage von David Brühwiler. Das trifft beim Projekt Logistikzentrum Winterthur ins-besondere auch auf die digitale Zusam-menarbeit mit dem Baumeister zu. Basis dieser Zusammenarbeit sind das Grund-lagenmodell der Tragwerkstruktur Roh-bau und die Modelle von Aushub und Schalung. Diese Modelle wurden in der für die Bauausführung sinnvollen Detail-lierung erarbeitet und mit Attributen hin-terlegt. Für die Submission der Baumeis-terarbeiten wurde den interessierten Unternehmungen ein Leistungsverzeich-nis nach NPK abgegeben und informativ das Modell mitgeliefert. Die Realisierung des Projekts in BIM war eine weitere Vor-gabe an die interessierten Unternehmun-gen. Den Zuschlag für die Ausführung der Baumeisterarbeiten erhielt der Ge-schäftsbereich Stutz AG Hochbau Frau-enfeld. Für das Unternehmen ist es die erste Baustelle, auf welcher die Ausfüh-rung digital erfolgt. Was das konkret be-deutet, wird nachstehend beschrieben.

Das Tablet wird zum wichtigsten Arbeitsgerät auf der Baustelle
Das Tablet ersetzt die Papierpläne und All-plan Bimplus wird zusammen mit der Pro-jektmanagementplattform buildagil zur zentralen Austauschplattform der Daten: Das sind zwei Voraussetzungen für die digitale Planung. Christof Stübi, Bauführer Rück-und Erdbau bei der Stutz AG in Win-terthur, betreute den Rückbau der beste-henden Gebäude, den Aushub und den Tiefbau: «Das Modell gab mir einen guten Gesamtüberblick. Aber sowohl der Rück-bau wie auch der Aushub waren aufgrund der örtlichen Situation klar definiert. Den Nutzen der digitalen Planung hatten wir beim Bau der neuen Kanalisationsleitun-gen.» Für das BIM to field in der Realisie-rung des Hochbaus ist Patrick Spühler der Stutz AG Bauunternehmung zuständig.
«Tablets, Robotic-Totalstation und Fact-sheetpläne sind die zentralen Hilfsmittel für den Polier auf der Baustelle», erklärt der ehemalige Polier. Auf den Factsheetplänen sind Detailkonstruktionen aufgezeichnet, die im Modell schlecht erkennbar sind.
Gemeinsame Plattform für den Datenaustausch
Das vom Bauingenieur erarbeitete Trag-werkmodell Rohbau ist die Grundlage für die Arbeitsausführung auf der Baustelle. In der vorausgegangenen Arbeitsvorbe-reitung wurde dieses ergänzt mit den Ar-beitsfugen, -etappierungen und den De-tails der Abdichtung. Allplan Bimplus ist die Plattform für den Datenaustausch zwischen Bauingenieur und Baumeister. Auf der Baustelle kann Polier Simon Lei-sibach mit dem Bimplus Viewer jeden Plan im Ablagesystem der Stutz AG Bau-unternehmung aufrufen und über die Fil-terfunktionen genau auswählen, was er sehen möchte. Ähnlich funktioniert die Datenübermittlung an die Robotic-Total-station für das Einmessen von Punkten, Linien und Höhen: «Via Stick oder online über den Team Viewer laden wir die geo-referenzierten Daten auf das Tablet der Robotikstation», erläutert Patrick Spühler diesen Vorgang. Die komplexe Oberflä-che der Bodenplatte mit vielen Gefälls-brüchen hat die Stutz AG selber für ihre Bedürfnisse in 3D modelliert und kann diese vor Ort mit der Tablet-Applikation Auftrag / Abtrag effizient und präzise ein-messen. Über die Verbindung zu BIM-vision nutzt der Baumeister auch die Möglichkeit, Ausmasse von Flächen und Volumen erstellen zu können. Nicht nur der Polier, auch der Eisenleger arbeitet mit dem Tablet: Die Bewehrungsverlegung kann lagenweise dargestellt werden. Durch das Antippen werden weitere Ein-zelheiten wie zum Beispiel Positionen, Durchmesser und Teilung sichtbar. Detail-vorschauen und die Darstellung von Ein-bauteilen wie zum Beispiel Dübelleisten sind weitere Möglichkeiten der Visualisie-rung auf dem Bildschirm.
Das Projekt «Logistikzentrum Esseareal» in Winterthur zeigt aus Sicht des Bau-ingenieurs und des Baumeisters einen realistischen und transparenten Ansatz, wie man zukünftige Projekte mit der BIM-Methode umsetzen kann. Der Nutzen die-ses Ansatzes ist hierbei ebenso zentral wie die gemachten Erfahrungen und Er-kenntnisse für zukünftige Projekte. ■