Erdbebentests liefern wertvolle Daten
Damit Holzbau- und Bauingenieure bauliche Massnahmen zur Erdbebensicherheit effizienter planen können, untersuchten Forschende des Instituts für Holzbau, Tragwerke und Architektur IHTA der Berner Fachhochschule BFH die dynamischen Eigenschaften von Brettsperrholzbauten.
Der Holzbau boomt – im Bereich der Erdbebensicherheit bestehen jedoch noch Wissenslücken. Grund dafür: Die Grundschwingzeit, eine der wichtigsten Grössen im Erdbebeningenieurwesen, lässt sich nur schwer abschätzen und bestehende Methoden zur Ermittlung ergeben Resultate, die oftmals weit auseinander liegen. Um klare Aussagen zur Grundschwingzeit von Brettsperrholzbauten machen zu können, haben Forschende des Instituts für Holzbau, Tragwerke und Architektur IHTA der Berner Fachhochschule BFH eine Reihe von Tests an einem vierstöckigen Gebäude aus Schweizer Holz durchgeführt, das eigens zu diesem Zweck gebaut wurde. «Die Resultate der Versuche ermöglichen es Ingenieurinnen und Ingenieuren, die dynamischen Eigenschaften, insbesondere die Grundschwingzeit, von Holzbauten zuverlässiger zu bestimmen», sagt Projektleiter Martin Geiser. «Somit können sie die baulichen Massnahmen zur Erdbebensicherheit effizienter planen und dadurch Kosten sparen.»
Versuche am Brettsperrholzgebäude
Nachdem die Forschenden die Brettsperrholzwände für den Bau bereits auf dem Prüfstand im Labor untersucht hatten, wurde das Testgebäude mit einem Grundriss von 4x5m etappenweise auf dem BFH-Gelände in Vauffelin (BE) errichtet. Nach jedem neuen Stockwerk massen die Forscher mit Beschleunigungssensoren einerseits die natürlichen Schwingungen des Gebäudes, die beispielsweise durch Wind entstehen. Für weitere Tests simulierten sie grössere Kräfte, welche horizontal am Gebäude wirken. Bei diesen sogenannten Ausschwingversuchen wurde der Holzbau mit einem Stahlseil, das jeweils am obersten Stockwerk befestigt wurde, horizontal ausgelenkt und losgelassen. Bei einem letzten Versuch, der vor Publikum und Medien durchgeführt wurde, liessen die Forschenden das Gebäude einstürzen und konnten somit überprüfen, ob die geplante Sollbruchstelle ihre Duktilität entwickeln konnte.
Vergleich zu Holzrahmenbauten
Die Versuche sind bereits die dritten dieser Art, die von der BFH durchgeführt wurden. Bereits 2019 testeten die Wissenschaftler vom IHTA die dynamischen Eigenschaften eines Holzgebäudes; damals ein Holzrahmenbau. 2021 folgten dann Untersuchungen an Walliser Blockbauten. «Wie erwartet, ist die Grundschwingzeit von Brettsperrholzgebäuden kürzer als jene von Holzrahmenbauten oder Blockbauten», sagt Geiser. «Das liegt daran, dass die aussteifenden Brettsperrholzwände deutlich steifer sind.» Für die Ingenieure bedeute das einerseits, dass Brettsperrholzwände ideal für die Gebäudeaussteifung verwendet werden können und andererseits, dass es lohnenswert sein kann, die hohen Erdbebenkräfte dank einem duktilen Tragwerksverhalten abzubauen. Die gewonnenen Erkenntnisse ermöglichen nun eine Messkampagne an bestehenden Bauten, mit welcher unter anderem der Einfluss der sekundären Bauteile wie Fenster oder Türen untersucht werden kann. Deren Einfluss wurde mit den bisher durchgeführten Projekten noch nicht abgedeckt.