Im Schatten des Matterhorns zur Schule
Im Walliser Ferienort Zermatt ist eine neue Primar- und Orientierungsschule entstanden. Etwa 400 Schüler besuchen in diesem lichten Bau mit viel Holz und Glas die Schule bis zur 6. Klasse. Künftig wird eine Gesamtanlage die drei bisherigen Chalets ersetzen. Zwei Drittel sind bereits in Betrieb. Der dritte Teil, der Kindergarten mit Kita wird im Sommer 2025 eröffnet.
GWJ Architektur aus Bern übernahmen in ihrem Entwurf den dreigeteilten Charakter der bestehenden Schulgebäude aus den Jahren 1958 bis 1972 mit drei gestaffelten und ineinander verschobenen Baukörpern. Obwohl die charakteristischen Satteldächer fehlen, bleibt die ursprüngliche Massstäblichkeit der drei Chalets als wiedererkennbares Zeichen bestehen. Die Baukörper integrieren sich mit einer Abtreppung am Hang in die bestehende Topografie und nehmen Bezug auf die umliegenden Gebäude.
Hang wurde gesprengt
Obwohl die neue Schule im Fussabdruck der alten steht, musste ein Teil des Hangs gesprengt und entfernt werden. Zermatt liegt auf rund 1600 Meter über Meer, wo während einem Grossteil des Jahres Schnee liegt. Die Schule befindet sich am Südhang und am Rand der historischen Bebauung, sozusagen in der zweiten Reihe. So verengen nicht nur die klimatischen Bedingungen das Zeitfenster, währenddem gebaut werden kann, sondern auch die Reisesaison und die Unterrichtszeiten. Die Gestaltung des Neubaus, der die dreigeteilte Struktur aufnimmt, ist zugleich die Lösung der konstruktiven und logistischen Herausforderungen: Zwei funktional optimierte Bauabschnitte erlauben es, zeitversetzt zu bauen und zugleich den Schulbetrieb aufrecht zu erhalten, indem die Kinder im jeweils noch oder schon bestehenden Gebäudeteil unterrichtet werden. So konnten die einzelnen Bauetappen seit Beginn des Rückbaus im April 2021 präzise in die knapp bemessenen freien Baufenster gelegt werden.
Unauffällige sieben Geschosse
Der Hang bildet die Rückwand des Gebäudes, wobei die unteren beiden Volumen von der Felswand abrücken und somit vom Dorf her nicht einsehbare Aussenräume zur Hangseite hin freigeben. Die Schule präsentiert sich dem Dorf aus verschiedenen Blickwinkeln und in verschiedenen Höhen. Dadurch und durch die vertikalen Holzlamellen des vorgelagerten Fassadenrasters und durch horizontale Bänder, wird die Gesamthöhe gegliedert. Die seitlichen Fassaden sind grösstenteils geschlossen und kontrastieren mit den verglasten nach Süden orientierten Fassaden. Auch wenn die einzelnen Gebäude von außen wie drei- bis fünfgeschossig erscheinen, verfügen sie vom Untergeschoss im Osten bis zum höchsten im Westen über insgesamt sieben Geschosse.
Offenes und transparentes Gemeindezentrum
Das Atrium im mittleren Bau ist der Dreh- und Angelpunkt und das gemeinsame Schulzentrum. An das Atrium grenzen der Speisesaal, die Bibliothek und multifunktionale Sitzungszimmer, die teilweise öffentlich zugänglich sind. Dadurch steht die Schule auch der Bevölkerung zur Verfügung und kann als eine Art Gemeindezentrum genutzt werden. Der Speisesaal ist nicht nur für den Mittagstisch vorgesehen, sondern er bietet auch für Veranstaltungen, Versammlungen und als Theaterraum Platz für bis zu 150 Personen. Die 22 Klassenzimmer für den regulären Unterricht in den oberen Geschossen sind vor allem nach Süden, zur Sonne hin und mit Blick ins Tal ausgerichtet. Zum Hang oder innen liegende Zimmer erhalten natürliches Licht durch das Atrium oder Oberlichter. Der Neubau setzt die pädagogischen Ansprüche eines zeitgemässen Schulbetriebes um und integriert die Anforderungen einer gemischten schulischen und ausserschulischen Nutzung über gesonderte Supporträume, die ergänzend zum Unterricht variabel genutzt werden können.
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