Netto-Null im Bündner Rheintal machbar und ökonomisch
Wie kann die Dekarbonisierung im Bündner Rheintal kosteneffizient umgesetzt werden? Diese Frage haben der Kanton Graubünden, die Energieversorger und führenden Industriebetriebe im Bündner Rheintal mit der Empa untersucht. Die Dekarbonisierung ist machbar und ökonomisch interessant.
Die gemeinsam vom Kanton Graubünden und der Empa in Auftrag gegebene Studie bestätigt, dass die Dekarbonisierung des Bündner Rheintals bis 2050 erreicht werden kann. Die jährlichen Kosten für Aufbau und Betrieb des Energiesystems könnten im besten Fall um bis zu 30 Prozent gegenüber dem Referenzszenario sinken. Es handelt sich somit um eine volkswirtschaftlich sinnvolle Investition, die jedoch im aktuellen Marktumfeld betriebswirtschaftlich nur eingeschränkt rentabel ist.
![Zwei energieintensive Industriebetriebe im bündner Rheintal: Das Holcim-Zementwerk Untervaz und die Kehrichtverbrennungsanlage Trimmis. (Foto: Theodor Stalder/pd)](https://www.fachbau.ch/wp-content/uploads/2025/01/empa_gr_rheintal_fachbau.ch_-1024x375.jpg)
Um das Netto-Null-Ziel bis 2050 zu erreichen, sind verschiedene Massnahmen erforderlich. Dazu gehören die Installation von Wärmepumpen, die Elektrifizierung der Mobilität sowie die Abscheidung und Speicherung der schwer zu vermeidenden industriellen CO₂-Emissionen. Darüber hinaus würde mit einem Ausbau der Fernwärme die Effizienz und Resilienz des Energiesystems erhöht und das Stromnetz entlastet. Neue Energieträger wie Wasserstoff, synthetisches Methan, Biogas und Geothermie könnten zu einer Diversifizierung der Energieversorgung – vor allem im Winter – beitragen. Gebäudesanierungen leisteten mit ihren Effizienzgewinnen einen Beitrag zur Reduktion des Gesamtenergiebedarfs um bis zu 25 Prozent. Die Elektrifizierung der Mobilität und Wärmebereitstellung würden so keine zusätzlichen Stromengpässe verursachen.
Komplexe Ausgangslage
Um bis 2050 das Netto-Null-Ziel zu erreichen, müssen die heute bestehenden Öl- und Gasheizungen durch Heizungen mit erneuerbaren Betriebsstoffen ersetzt und der private und öffentliche Verkehr auf emissionsfreie Antriebe umgestellt werden. Eine Knacknuss stellt die Dekarbonisierung von energieintensiven industriellen Prozessen dar. Das Bündner Rheintal zwischen Kantonsgrenze und Domat/Ems umfasst vier Industriebetriebe, die bei der Dekarbonisierung grossen Herausforderungen gegenüberstehen. Das Zementwerk von Holcim in Untervaz, die Kehrichtverbrennungsanlage in Trimmis, die Ems Chemie und das Biomassekraftwerk der Axpo in Domat/Ems setzen grosse Energiemengen um. Wenn künftig auch noch das schwer zu vermeidende CO₂ abgeschieden und endgelagert werden muss, so benötigt dies einerseits zusätzliche Energie. Anderseits produzieren diese Anlagen nützliche Abwärme auf verschiedenen Temperaturniveaus, die sich für den Ersatz fossiler Heizungen nutzen lassen. Ein Teil der Haushalte und Betriebe wird bereits von den Energieversorgern (Rhiienergie, IBC Energie Wasser Chur und Gevag) mit Fernwärme verschiedener Temperaturniveaus versorgt.
Gesetzliche Anschubfinanzierungen
Obwohl die Umstellung des Energiesystems Investitionen erfordert, zeigen die Ergebnisse, dass sich diese volkswirtschaftlich langfristig lohnen. Hier kann das Gesetz über die Förderung und Finanzierung von Massnahmen zum Klimaschutz in Graubünden (BKliG) ansetzen, das der Grosse Rat in der April-Session 2025 berät. Das BKliG schafft die Basis, Klimavorhaben zu fördern, die dem Kanton Graubünden helfen, langfristig Kosten zu senken, die Binnenwirtschaft zu stärken und die Abhängigkeit vom Ausland zu reduzieren.